Schwarze Ernte

Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura wird oft vorgeworfen, dass ihre Dokumentartheaterabende sehr spröde und didaktisch geraten: eine Art Volkshochschule im Theaterbetrieb.

Diesen Vorwurf wollten sie bei ihrer neuen Arbeit „Schwarze Ernte“, die im HAU 3 Premiere hatte, offensichtlich auf keinen Fall aufkommen lassen. Ihre Auseinandersetzung mit dem saudischen Königshaus, das einen faustischen Pakt mit den USA geschlossen hat und zugleich aggressiv seine fundamentalistische, wahhabitische Version des Islams exportiert, kommt über weite Strecken in einem für Kroesinger ungewohnten Plauderton daher. Zwischen den Info-Schnipseln gibt es längere Szenen, bei denen einige aus dem Quartett mit Plastik-Strohhalmen Mikado spielen oder Figuren basteln, während andere im Hintergrund sich selbst oder die weiße Wand mit schwarzer Farbe bemalen, die natürlich das Öl symbolisieren soll, auf dem der Reichtum des Landes beruht. Die Spieler*innen witzeln in Dialogen, die zwischen Deutsch und Englisch switchen.

„Schwarze Ernte“ ist oberflächlicher und weniger verdichtet als die besten Kroesinger-Arbeiten. In dem Puzzle, das unchronologisch zwischen den Zeiten springt, gibt es neben viel Bekanntem auch manch interessante Neuigkeiten, z.B. eine präzise Recherche, wie viel Geld das saudische Regime in PR, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit ausgibt. Die Berliner Firma WMP Eurocom stieg aus diesem lukrativen Geschäft erst nach dem Mordfall Kashoggi aus.

Oft lassen Kroesinger/Dura ihre Spieler*innen auch einfach nur O-Töne von Vertretern des saudischen Königshaus nachsprechen. Die schönfärberischen Erklärungen entlarven sich selbst und werden meist nur knapp eingeordnet oder mit einer Gegenrede kontrastiert.

Vor allem die letzte halbe Stunde betont den Willen zur Macht, mit dem Saudi-Arabien auf internationaler Bühne agiert, bricht aber dann recht unvermittelt ab. „Schwarze Erde“ spiegelt die Ratlosigkeit des Westens, wie er mit diesem schwierigen „strategischen Partner“ umgehen soll, auf dessen Öl unsere Industrie als Schmiermittel angewiesen ist, der ein solventer Kunde der Rüstungskonzerne ist und in seinen Koranschulen und Publikationen ein Menschenbild propagiert, das mit unseren Standards oft gar nicht vereinbar ist.

Bilder: david baltzer/bildbuehne.de.

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