volto umano

Ähnlich düster wie José Saramago und Kay Voges in „Die Stadt der Blinden“ blickt auch die Choreographin Toula Limnaios auf die Welt. In „volto umano – Das menschliche Gesicht“, ihrer Arbeit vom Juni 2018, die an diesem Wochenende zum vorerst letzten Mal in der Halle Tanzbühne Berlin lief, befasst sie sich mit Gewalt, Unterdrückung und Zurichtung.

Als die ersten Tänzer*innen aus dem riesigen Altkleider-Stapel ausbrechen, der im Hintergrund der Bühne aufgetürmt ist, setzt sich ein Hauen, Treten und Stechen in Gang. Von Beginn tragen sie schwarze Halsbänder: Priscilla Fiuza führt die anderen Performer*innen in einer Szene, die an Pasolinis „Die 120 Tage von Sodom“ erinnernden Szene, an Hundeleinen über die Bühne, bevor sie kurz danach selbst an den Haaren gezerrt wird.

„volto umano“ ist ein in seiner Konsequenz überzeugender, zutiefst pessimistischer Abend aus kleinen Szenen: Die Rücksichtslosigkeit, mit der die Tänzer*innen sich gegenseitig zum Objekt machen, ist in aller Brutalität spürbar, auch wenn sie tänzerisch sublimiert ist.

Das „Je t´aime“, zu dem eine Künstlerin kurz vor Schluss ansetzt, wirkt in dieser Hölle, die sich die Menschen gegenseitig bereiten, wie ein Fremdkörper. Vom Tonband kündigt Donald Trump sein Lieblingsprojekt, dem Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko an.

Nach dem intensiven „volto umano“, das Sandra Luzina schon zur Premiere im Tagesspiegel als „aufwühlend“ lobte, nehmen sich Toula Limnaios die Sommerpause zum Durchatmen. Im September stehen als nächste Projekte die Wiederaufnahmen von Susanne Linkes „Ecoute … Chopin!“-Solo und „isson“, einer Studie zum Doppelgänger-Motiv, auf dem Programm.

Bilder: © cyan

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