Roxy und ihr Wunderteam

Fußball trifft Operette: diese ungewöhnliche Kombination ist seit Mai an der Komischen Oper zu erleben. Nach dem großen Erfolg „Ball im Savoy“ grub Barrie Kosky ein weiteres Werk von Paul Abraham aus: „Roxy und ihr Wunderteam“ war 1937 ein Hit in Wien, verschwand aber bis zur Wiederentdeckung in Dortmund 2014 in der Versenkung.

Die Hauptrollen besetzen die Publikumslieblinge „Geschwister Pfister“ und wirbeln wie gewohnt die klassischen Geschlechterrollen durcheinander: Christoph Marti spielt Roxy, die Nichte eines schottischen Milliardärs, mit langmähniger, blonder Perücke und verdreht der ungarischen Fußball-Nationalmannschaft den Kopf. Nur der Kapitän (Tobias Bonn) bleibt auf Distanz, landet aber – wie vorherzusehen – am Ende in ihren Armen. Andreja Schneider schlüpft wunderbar gouvernantenhaft in die Rolle der Mädchenpensionats-Leiterin Aranka von Tötössy, die moralische Sittsamkeit predigt und sie zu Gymnastik antreibt. In diesen Szenen parodierte der jüdische Komponist Abraham, der nach großen Erfolgen auf dem brodelnden Vulkan in der Endphase der Weimarer Republik von Berlin nach Budapest fliehen musste, die Riefenstahl-Ästhetik und den „Kraft durch Freude“-Körperkult, mit dem sich die Nazis bei den Olympischen Spielen 1936 feierten.

Dass das Handlungsgerüst recht übersichtlich und nicht allzu viel Tiefgang zu erwarten ist, nimmt Uwe Schönbeck als personifizierter, klischeehafter Schotten-Witz und Roxys Onkel Sam Cheswick in einem kurzen Auftritt selbst auf die Schippe. Paul Abraham hat „Roxy und ihr Wunderteam“ als Nummernrevue angelegt, die musikalisch mit einer feinen Mischung aus Csárdas, Foxtrott und Swing unterhält. Er bezeichnete das Genre als „Vaudeville-Operette“.

Spaß machen vor allem die energiegeladenen, gut choreographierten Tanz-Gruppenszenen, in denen Andreja Schneider und Tobias Bonn als Sittenwächter*innen des Abends überfordert sind, die Fußball-Profis um Jörn-Felix Alt als Torwart Hatschek und die Schülerinnen auseinander zu halten. Stefan Huber, Stamm-Regisseur der „Geschwister Pfister“, spielt in den Stadionszenen am Anfang und zum großen Finale mit der Nostalgie von Fußball-Live-Übertragungen im Radio und Herbert Zimmermanns legendärem „Tor! Tor! Tor!“-Jubel.

Mit drei Stunden (inklusive Pause) ist der Abend zwar etwas zu lang geraten, unterhält aber mit hübschen Miniaturen wie dem Auftritt korrupter Zöllner im Zug und steuert zielsicher den nächsten Gute-Laune-Song an, bevor sich Langeweile breitmachen kann.

Bilder: Iko Freese / drama-berlin.de

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