40 Jahre Polt/Well (Biermösl Blosn)

Von der absoluten Mehrheit, die jahrzehntelang wie in Stein gemeißelt schien, ist die CSU mittlerweile zwar deutlich entfernt. Für die Well-Brüder, die mit ihren satirischen Texten zu bayerischer Volksmusik als „Biermösl Blosn“ bekannt wurden, sind Söder und Co. aber nach wie vor die Lieblingsgegner. In einem ihrer spöttischen Lieder machen sie sich über den gekränkten Stolz der ehemaligen Staatspartei lustig, die am schwarzen Sonntag, dem 14. Oktober 2018, mehr als zehn Prozent verloren hat, und fantasieren, dass der Ministerpräsident gemeinsam mit glücklosen Berliner Vasallen wie Verkehrsminister Andi Scheuer und Digital-Staatsministerin Doro Bär zur Weltraum-Mission startet und in bewährter CSU-Manier die Milchstraße achtspurig ausbauen lässt.

Auch das Ibiza-Video von Heinz-Christian Strache und der angeblichen russischen Oligarchin wird in einem Song verwurstet. Ansonsten dominiert die Retrospektive an diesem Kabarett-Abend in den Münchner Kammerspielen, die seit 1982 trotz aller Intendanten-Wechsel ein „zweites Wohnzimmer“ für Gerhard Polt und die Well-Brüder sind. Anlässlich ihres 40. Bühnenjubiläums treten sie noch einmal gemeinsam auf. Im Zentrum des Abends stehen deshalb bekannte Polt-Klassiker wie „Attacke auf Geistesmensch“ über acht Metzger, die beim Oktoberfest auf einen japanischen Nobelpreisträger treffen, oder seine Karikatur auf Helikopter-Eltern, die vergeblich versuchen, ihre „Wunderkinder“ durchs Gymnasium zu schleppen.

Die Well-Brüder schreiben ihren kurzen Streifzug durch die bayerische Geschichte fort. Schlagwort reiht sich an Schlagwort: von Wackersdorf über Landesbank-Skandal bis in die Gegenwart. In diesem kurzen Stück wird besonders deutlich, wie sehr sich die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse auch in Bayern in den vergangenen vierzig Jahren verändert haben. Auch Polt und die „Biermösl Blosn“ hatten daran als Stachel im Fleisch der CSU ihren Anteil und waren lange Zeit eine lautstärkere Opposition als die Parteien im Landtag.

Dieses Bröckeln alter Feindbilder war wohl auch ein wesentlicher Grund für die Meinungsverschiedenheiten im „Biermösl Blosn“-Trio: Hans Well trennte sich von seinen Brüdern Christoph und Michael, die seitdem mit Karl, einem anderen Bruder aus dem Well-Clan, unter dem neuen Namen „Well Brüder aus’m Biermoos“ auftreten und in dieser neuen Formation auch den Jubiläumsabend in den Münchner Kammerspielen bestreiten.

Bild: (c) HP Hösl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert