La Gomera – Verpfiffen und verraten

Ein amüsantes Verwirrspirel mit den Konventionen des Thriller-Genres treibt der rumänische Regisseur Corneliu Porumboiu in „La Gomera“, das im Wettbewerb von Cannes Premiere hatte und mit dem Untertitel „Verpfiffen und verraten“ im Februar 2020 in den deutschen Kinos starten wird.

Wer hier gerade mit wem koaliert und wer hintergangen wird, ist für den Zuschauer genauso schwer auszumachen wie für die Akteur*innen, die einer 30 Millionen-Beute hinterherjagen. Wie es sich für einen echten Film Noir gehört, treffen wir auf das Genre-typische Personal: die Femme Fatale, den korrupten Polizisten, die Handlanger und Hintermänner, die naiv Unbeteiligten, die für zusätzliche Komplikationen sorgen.

Wanzen und Kameras gibt es hier in fast jedem Raum. Deswegen bespricht die Polizei-Dienststellenleiterin alles Wesentliche auch nur auf dem Flur. Während sie angeblich nur Zigaretten holen will, instruiert sie ihre Mitarbeiter, wie sie den Gegnern eine Falle stellen sollen. Die Übergabe brisanten Materials gerät in einer anderen Szene zur inszenierten Peep-Show für den Voyeur hinter der Überwachungskamera. Am wichtigsten sind aber die Codes, die über die Pfeifsprache ausgetauscht werden, mit der sich die Bewohner*innen der kanarischen Insel La Gomera austauschen. Von Fenster zu Fenster werden hier Treffen abgesprochen und Rückmeldungen gegeben. Die Schwierigkeit für die rumänischen Akteure in diesem sich quer über Europa erstreckenden Intrigen-Geflecht, auch noch die Pfeifsprache zu lernen, ist ein Running-Gag dieses unterhaltsamen Films.

Der ohnehin zahlreiche Haken schlagende Plot wird in Form von Rückblenden erzählt, jedes Kapitel ist mit dem Namen einer Figur überschrieben. Für zusätzlichen Rätsel-Spaß, die Puzzleteile des Plots wieder in die richtige Reihenfolge zu bringen, sorgen die zahlreichen Zitate und Anspielungen auf die Filmgeschichte. Am offensichtlichsten ist dies bei einem Zitat der berühmten Dusch-Szene aus „Psycho“ oder wenn das Geballer eines alten Cop-Thrillers im TV den realen Shoot-out vor dem Fenster übertönt und die Figuren nur kurz irritiert sind.

Musikalisch beginnt Porumboiu in lockerem Indie-Sound mit der „Passenger“-Hymne von Iggy Pop, lässt Ute Lemper mit dem Mackie Messer-Song aus der „Dreigroschenoper“ für Unter- und Halbwelt-Stimmung sorgen und bietet schließlich große Oper mit einem Klassik-Best-Of zur kitschigen „Gardens by the Bay“-Laser-Show in Singapur, mit der Porumboiu das klassische Hollywood-Happy-end persifliert.

Einige Monate vor dem Kinostart lief „La Gomera“ auf dem „Around the World in 14 films“-Festival in der Kulturbrauerei und brachte dem Berliner Publikum ein Wiedersehen mit dem deutsch-rumänischen Schauspieler Sabin Tambrea, der hier als Matratzenfabrikant Szolt eine Schlüsselrolle spielt und zu Claus Peymanns Zeiten ein zentraler Akteur am Berliner Ensemble war.

Bild: © 42 Km Film

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