Nostalgisch-surreale Erinnerungsschnipsel hat Fiston Mwanza Mujila, ein kongolesischer Autor, der seit einem Jahrzehnt in Graz lebt, in seinem ersten Stück, das er auf Deutsch schrieb, aneinandergereiht. Ein Fremder kommt in eine New-Jersey-Bar, die ihre besten Zeiten lange hinter sich hat. Dort trifft er auf einen vielstimmigen Chor, die über tödliche Schlangen, Goldgräber, Prostitution und vor allem immer wieder über die „Königinmutter“, die Chefin dieses Etablissements, fabulieren. Sie wird von Franziska Machens verkörpert, die sich hinter den verspiegelten Gläsern ihrer Sonnenbrille wie eine öffentlichkeitsscheue Hollywood-Schauspielerin aus einer untergegangen Ära verschanzt.
Szenisch bleibt dieser Abend karg. Über weite Strecken kommt er nicht über eine Aneinanderreihung der Monolog-Versatzstücke hinaus. Enttäuschend ist, dass Charlotte Sprengers deutscher Erstaufführung dieses Textes der Rhythmus fehlt. Jonas Landerschier spielt zwar im Hintergrund Lounge-Musik am Klavier und Caner Sunar stimmt bei seinem dritten Dragqueen-Auftritt am DT Berlin binnen weniger Monate die Songs großer Diven wie Marlene Dietrichs „Sag mir wo die Blumen sind“ an. Dennoch fehlt diesem Abend die Musikalität.
Mujila sagte in Interviews, dass er seine Texte wie ein Jazzmusiker komponiere und auch im Ankündigungstext des DT wurde mit seiner sinnlichen, mitreißenden Sprache geworben. Auf der Bühnenrealität erleben wir jedoch einen zähen Abend, der die Textblöcke der Vorlage abspult und erst spät etwas stärker ins Spielen kommt, als DT-Neuzugang Niklas Wetzel mit großem Tempo und wild gestikulierend das Schicksal eines Lehm-Menschen performt, der mit Wasser in Kontakt kommt und zerfließt.
Ansonsten erschöpft sich der Abend in etwas Slapstick und ausgiebigen Toiletten-Putz- und Kotz-Einlagen. Die Spieler*innen halten sich Masken von Prinz Charles und seiner Mutter Queen Elizabeth II. vors Gesicht, bevor ganz zum Schluss Jonas Landerschier von seinem Piano aufsteht und im Kostüm der Queen ebenso theatralisch wie erschöpft zu Boden sinkt.
Schon nach der Uraufführung von „Zu der Zeit der Königinmutter“ im Februar am Wiener Akademietheater war das Presseecho sehr verhalten. Auch dort erschöpfte sich der Abend in frontalem Textaufsage-Theater.
Es ist sicher eine Herausforderung, den kryptischen Text mit seinen assoziativen Sprüngen und seinen Symbolen aus einer phantastischen Traumwelt auf die Bühne zu bringen. Die deutschsprachige Erstaufführung am Deutschen Theater war in ihrer szenischen Leblosigkeit jedoch eine Enttäuschung.
Bilder: Arno Declair