vive la vie

Für ihren effektvollen ersten Auftritt wurde das Zelt abgedunkelt. Aus der Tiefe des Raumes kommt Katharine Mehrlings markante Stimme: zunächst leise, dann immer kräftiger stimmt sie den „Mackie Messer“-Song aus der Dreigroschenoper an: „Und der Haifisch, der hat Zähne“…

Oben auf der Bühne angekommen, verkündet die wandlungsfähige Diva, dass sie an diesem „vive la vie“-Abend nach dem Intro mit Brecht/Weill nur noch Songs von Künstlerinnen interpretieren wird: als Hommage an ihre großen Vorbilder.

Programmatisch beginnt sie mit zwei Frauen, die ein Leben lang um Anerkennung kämpfen mussten: Der Jazzsängerin Inge Brandenburg blieb der große Durchbruch versagt. Sie zog sich frustriert aus dem Musikgeschäft zurück, versank im Alkohol und ist heute nur noch Insidern ein Begriff. Chavela Vargas stellte sie als das personifizierte rote Tuch für Donald Trump vor: eine feministische, lesbische, meinungsstarke Mexikanerin. Pedro Almodóvar entdeckte sie für seine Filme, als 83jährige kam sie in der New Yorker Carnegie Hall zu spätem Ruhm. Von ihr singt sie „Rincon del Alma“. Die Themen Schmerz und Einsamkeit ziehen sich durch den Abend.

Wenn es um weibliche Vorkämpferinnen in der Musik-Szene geht, darf natürlich auch Madonna nicht fehlen, vor der sich Mehrling mit einem Medley aus „Like a Virgin“, „Material Girl“ und weiteren Songs verneigt.

Nach einigen Anekdoten über ihre Schwierigkeiten, ein Visum für Auftritte in einem New Yorker Club zu ergattern, und einer Jodel-Einlage kommt Katherine Mehrling nach der Pause ganz in Schwarz und mit gewagtem Dekolleté auf die Bühne zurück. Sie schlägt den Bogen von ihrer Kindheit, die sie in einer Musikkneipe in einem hessischen Dorf bei Hanau verbrachte, bis zu den Chansons von Edith Piaf. Ihr „Je ne regrette rien“ ist letzte Zugabe und Höhepunkt des Abends.

Das Programm „vive la vie“ hatte bereits im Oktober 2018 in der Bar jeder Vernunft Premiere und wurde – garniert mit drei Weihnachtsliedern – als „Winter Edition“ wiederaufgenommen.

Der unterhaltsame Konzertabend lebt vor allem von der tollen Stimme von Katharine Mehrling, die sich von vier Jazz-Musikern begleiten lässt, und mit ihren Zwischenmoderationen charmant durch den Abend führt. Der bedauernswerte Steffen aus der ersten Reihe, den sie konsequent als Harald ansprach und zum Horst machte, musste allerdings einiges erdulden.

Bilder: © Barbara Braun / BAR JEDER VERNUNFT

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert