Kabarettistisches Jahresendzeitprogramm 2019

Am stärksten ist der Auftakt: Von Angela Merkel, die seit vielen Jahren durch den traditionellen Rückblick des Jahresendzeitteams führt, ist noch nichts zu sehen. Stattdessen eilt Annegret Kramp-Karrenbauer auf die Bühne und dilletiert sich von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen. Strahlend hangelt sich AKK-Parodist Hannes Heesch von Pointe zu Pointe, im Hintergrund erheben sich Bov Bjerg, Horst Evers und Manfred Maurenbrecher in rheinischer Karnevalsmontur zu jedem Tusch.

Das kam richtig gut an, Angela… Willst Du meinen Text übers Wochenende lesen?… So sprudelt es aus AKK heraus. Christoph Jungmann als Kanzlerinnen-Double lässt die Nachfolgerin als CDU-Parteivorsitzende nach außen stoisch und mit innerer Verzweiflung auflaufen. Diese Szene erzählt sehr viel über die aktuelle politische Lage: Merkel, jahrelang der Fels in der Brandung mit ihrem ruhigen Abwarten, ist nicht mehr ganz da, aber auch noch nicht ganz weg. Ihre Wunschnachfolgerin hat sich als Leichtgewicht erwiesen. Aber auch bei den meisten anderen Kandidaten fürs Kanzleramt gibt es so große Fragezeichen, dass sie an diesem Kabarett-Abend gar nicht erwähnt werden.

Einen großen Schwurbel-Auftritt, für den früher meist Bundespräsident a.D. Joachim Gauck zuständig war, der diesmal nur zum Plausch am Büchertisch einlädt, hat Hannes Heesch als neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Er parodiert ihre Kunst, mit sehr vielen Worten sehr wenig zu sagen hervorragend, und umarmt die politischen Gegner verbal.

Für skurrile Alltagsbeobachtungen ist traditionell Horst Evers zuständig. Die neue E-Roller-Plage ist für ihn ein gefundenes Fressen von seinem Beobachtungs-Punkt an der Kreuzung Mehringdamm/Yorckstraße.

Nach der Pause ist manche Nummer wie ein Gastauftritt von Jogi Löw, der sich die Vergabe der Fußball- und Leichtathletik-WM an Katar schönredet, etwas zu lang geraten. Der Abend endet mit einem 20er Jahre-Medley und dem obligatorischen Spott auf das BER-Desaster zur Melodie von Zarah Leanders „Ich weiss, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“.

Einige Absurditäten und Kapriolen des Jahres 2019 wie z.B. die im Vorsschaubild parodierte Heinz-Christian Straches „besoffene“ Ibiza-Affäre kamen an diesem materialreichen, unterhaltsamen Kabarett-Abend gar nicht vor.

Bild: David Baltzer

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