Drei Mal Leben

Mit einem hochkarätigen Ensemble inszeniert Andrea Breth die Edel-Boulevard-Komödie „Drei Mal Leben“ von Yasmina Reza. Der besondere Coup dieses Abends ist, dass die Regisseurin ihren Lieblings-Schüler August Diehl mitbrachte, mit dem sie am Wiener Burgtheater regelmäßig zusammengearbeitet haben.

Diehl ist zwar in West-Berlin aufgewachsen und hat nach dem Mauerfall an der Ernst Busch-Hochschule studiert, war aber noch nicht auf einer der großen Bühnen Berlins zu sehen. Für Andrea Breth war dieser Abend nach ihrer Zeit als künstlerische Leiterin der Schaubühne Ende der 1990er Jahre ihre Rückkehr nach Berlin.

Sie suchten sich dafür einen der drei Hits der französischen Starschriftstellerin aus. Neben „Kunst“ und „Gott des Gemetzels“ gehört „Drei Mal Leben“ aus Jahr 2000 zu den Reza-Dauerbrennern. Gleich schon die deutschsprachige Erstaufführung in der Regie von Luc Bondy am Wiener Akademietheater wurde im Sommer 2001 zum Berliner Theatertreffen eingeladen.

Die Salonkomödien-Mechanik und das Pointen-Ping-Pong laufen in Rezas „Drei Mal Leben“ reibungslos. Der Plot ist relativ übersichtlich: zwei Paare treffen bei einer Abendessen-Unterhaltung aufeinander, die peinlich entgleist. Astrophysiker Henri erwartet Hubert zum Abendessen und hofft auf etwas Vitamin B, um seine dümpelnde Karriere anzuschieben. Leider kommen Hubert und Ines einen Tag zu früh und klingeln an der Tür, während sich Sonja im Pyjama auf der Couch fläzt und das Kind quengelt.

In drei Varianten spielt das Quartett die Grundkonstellation durch: mit wechselnden Bündnissen fallen die vier übereinander her. Das Ergebnis ist 3x dasselbe: die Fassaden der gehobenen Mittelschicht bröckeln, verbale Giftpfeile fliegen. Der große Ruhm der französischen Starautorin kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Stücktext „Drei Mal Leben“ nicht besonders gut gealtert ist, sondern sich bis zur nächsten erwarteten Eskalation weiter schleppt.

Wie von Regie-Altmeisterin Andrea Breth gewohnt, die gerade erst den österreichischen Theaterpreis Nestroy für ihr Lebenswerk bekam, ist der Abend klassisches Schauspieler-Theater, ganz eng am Text, ohne viel Firlefanz, allerdings auch etwas zäh und mit zwei Stunden doch ein Stück länger als die oben erwähnte Bondy-Inszenierung von 2001.

Der Abend lebt von der Prominenz seiner Spieler*innen: Den meisten Applaus bekommt Judith Engel als Ines, die zwischen naivem Anhängsel und betrunkener Aussprecherin unbequemer Wahrheiten wechselt. Fest zum BE gehören auch Constanze Becker und Nico Holonics. Ausgerechnet der Star-Gast August Diehl ist auf der Sofa-Landschaft in mehreren Szenen so ungeschickt am Rand platziert, dass er von einigen Plätzen angesichts der schwierigen Sichtachsen im Theater am Schiffbauerdamm kaum zu sehen ist und der Abend zum Hörspiel wird. Er gibt den übergriffigen Alpha-Macho Hubert, der seine Frau systematisch herabwürdigt, mit Henri seine Spielchen treibt, indem er sich in Andeutungen über einen neuen Aufsatz eines mexikanischen Konkurrenten ergeht, und auch Sonja bei der ersten Gelegenheit an die Wäsche will.

Viele Kritiker*innen der Premiere hatten den Eindruck, dass das Quartett zu sehr aneinander vorbei spielt. Tatsächlich wirkt der Abend sehr routiniert abgespult, wie ein Uhrwerk und ohne besondere Inspiration.

Bilder: Bernd Uhlig

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