In ihrem Indie-Sozialdrama erzählt Eliza Hittman von der 17jährigen Autumn (Sidney Flanigan), die aus ihrer Kleinstadt in Pennsylvania nach New York fährt, um unter den dortigen liberaleren Gesetzen ihr Kind abzutreiben.
Von ihren Eltern hat sie keine Hilfe zu erwarten. Die Mutter kommt nur am Rande vor, der Vater ist ein klischeehaft gezeichneter Rüpel, der nur den Hund liebevoll behandelt und seine Tochter mit abschätzigen Kommentaren mobbt. Auf den Erzeuger des Babys kann sie erst recht nicht bauen. Er kommt lediglich in dem längeren Anamnese-Gespräch vor, auf dessen Antwort-Auswahlmöglichkeiten der Film-Titel anspielt. Unter Tränen und mit stockender Stimme deutet Autumn an, dass er gewalttätig wurde.
Die einzige Stütze von Amber ist ihre Cousine Skylar (Talia Ryder), die mit ihr gemeinsam an der Supermarkt-Kasse arbeitet und das nötige Geld für den Trip in die Metropole klaut.
Hittman erzählt ihre Geschichte sehr konzentriert und schnörkellos. Tatsächlich erinnert ihr Stil an den italienischen Neorealismus, wie die Sundance-Jury befand, als sie „Never Rarely Sometimes Always“ im Januar mit einem Spezial-Preis ausgezeichnet wurde.
Der Film ist solides Indie-Kino mit feministisch-politischem Anspruch, das die Gesetzeslage und Prozeduren der Abtreibung in unterschiedlichen US-Bundesstaaten genau beschreibt. Atmosphärisch ist ihr neuer Film wesentlich minimalistischer als das Vorgänger-Werk der Regisseurin, ihr flirrender Sundance-Hit „Beach Rats“ (2017).
Die Generation 14plus oder das Panorama wären der bessere Ort gewesen, ihn als Zweitverwertung nach der Sundance-Premiere auch auf der Berlinale zu zeigen. Für den Wettbewerb um den Goldenen Bären ist „Never Rarely Sometimes Always“ erschien er mir zu leichtgewichtig und konventionell, die Jury zeichnete ihn dennoch mit einem Silbernen Bären (Großer Preis der Jury) aus.
Der Film soll am 19. Juni 2020 in den deutschen Kinos starten.
Bild: Hauptdarstellerin Sidney Flannigan auf der Fahrt nach New York; © 2019 Courtesy of Focus Features