Der Überläufer

Sehr plakativ erzählt Florian Gallenberger sein Kriegs-Melodram über den doppelten Überläufer Walter Proska (Jannis Niewöhner).

Seine Schwester (Katharina Schüttler) fleht den jungen Architektur-Studenten an, sich im Keller zu verstecken, als er 1944 den Einberufungs-Bescheid an die Ost-Front bekommt.

Die erste Hälfte dieses TV-Zweiteilers, den die ARD an diesem Mittwoch und Freitag sendet, pendelt zwischen der realistischen Schilderung der Grausamkeit des Krieges und der unwahrscheinlichen Liebes-Affäre zwischen dem Wehrmachtssoldaten Walter und der polnischen Sängerin und Partisanin Wanda (Malgorzata Mikolajczak), deren Wege sich immer wieder kreuzen. Als sadistischer Nazi-Unteroffizier treibt Walters Vorgesetzter Willi Stehauf (Rainer Bock) in den masurischen Sümpfen sein Unwesen.

Jannis Niewöhner, Rainer Bock

Im zweiten Teil rettet Walters Kumpel Wolfgang (Sebastian Urzendowsky), der schon am Ende des ersten Teils zur vorrückenden Roten Armee übergelaufen ist, ihm sein Leben in sowjetischer Gefangenschaft. Damals zögerte und sträubte sich Walter noch, zu desertieren, und berief sich auf seinen Eid. Nun steigt er mit Wolfgangs Unterstützung bei der Roten Armee auf, muss erneut schwierige moralische Entscheidungen treffen, ob er Befehle ausführt oder verweigert, und findet sich schließlich im sowjetisch besetzten Teil Ost-Berlins als Mitarbeiter der Militärverwaltung wieder.

Sebastian Urzendowsky

Erneut ist er ein kleines Rädchen im totalitären System. Im Gegensatz zu Wolfgang, der an den Traum vom besseren sozialistischen Deutschland glauben will und die Augen auch vor den Verhörmethoden in Hohenschönhausen verschließt, entscheidet sich Walter dafür, ein zweites Mal überzulaufen und ein biederes Familienleben in der spießbürgerlich-restaurativen Bundesrepublik der 1950er Jahre zu beginnen, bis ihn die Vergangenheit in einem kitschigen Finale einholt.

Vorlage dieses TV-Zweiteilers ist der gleichnamige Roman von Siegfried Lenz, der in den 1950ern von Hoffmann & Campe als zu heißes Eisen abgelehnt wurde und erst 2016 posthum erschien.

Trotz bis in die Nebenrollen hochkarätiger Besetzung kommt dieses Drama nicht über gediegen-plakative, leicht verdauliche TV-Kost mit sentimentaler Musik-Untermalung hinaus.

Bilder: NDR/Dreamtool Entertainment

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