DisTanz

Die Bilder der lehmverschmierten, verkrusteten „1000 Gestalten“, die im Sommer 2017 gegen den G20-Gipfel und die Schattenseiten der Globalisierung protestierten, gingen um die Welt.

Drei Jahre später lud der Kulturverein Neu am See e.V., zu einer politischen, performativen Intervention, die zwar weniger spektakulär ist, aber an einem hochsymbolischen Ort stattfand. Vor dem Brandenburger Tor kritisierte die Politökonomin Maja Göpel, die für ihre wissenschaftlichen Beiträge zu Nachhaltigkeit bekannt ist und den Verein mitgegründet hat, dass die Kunst in den vergangenen Monaten der Pandemie von der Politik übersehen wurde. Zahlreiche Selbständige, die sich von Projekt zu Projekt hangeln, waren von den Soforthilfen ausgeschlossen und mussten Hartz IV beantragen, haben aber immer noch keine Perspektive, wann sie wieder auftreten und Einkommen erzielen können.

In der anschließenden Performance „DisTanz“ setzten sich 20 Tänzer*innen mit den Abstandsregeln auseinander: In überdimensionalen Reifröcken, die wie aus einem Rokoko-Kostüm-Film wirkten, tanzten sie ihre Choreographie auf dem hinteren Areal des Pariser Platzes, in direkter Nachbarschaft zu Protestaktionen gegen die Regierungen von Venezuela und Serbien.

Wie schwer es die Kunst in Zeiten von Corona hat, machte diese Performance sehr plastisch deutlich: Ein Pulk von dicht gedrängten Zuschauer*innen ohne Mindestabstand bildete einen Ring um die Tänzer*innen und versperrte die Sicht. Wer sich diesem Getümmel nicht aussetzen wollte, konnte nur Bruchstücke und Ausschnitte der Choreographie erhaschen, vor allem weil große Teile der Performance am Boden abspielten und die Sichtbeschränkungen zu wenig mitgedacht wurden.

Das ist vor allem deshalb schade, weil die tänzerische Auseinandersetzung mit den Corona-Abstandsregeln und der Pandemie – nach den eingeschränkten Blicken aufs Geschehen zu urteilen – durchaus kreativ und witzig war. Nach der Premiere ist eine Gastspielreise an weitere öffentliche Orte der Republik geplant, die Choreographie wird auch filmisch dokumentiert und lässt sich dann zwar nur noch als Mitschnitt genießen, aber besser beurteilen.

Bild: Maximiliane Wittek

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