Levan Gelbhakiani ist die Entdeckung dieses kleinen georgischen Films, der das Festival-Publikum in Cannes 2019 in der Quinzaine überraschte.
Gerade mal 20 Jahre jung ist der Tänzer, den Regisseur Levan Akin auf Instagram entdeckte. Er erhielt bereits als Jugendlicher eine Ausbildung an der Georgian Classical Ballet School und arbeitet bei der zeitgenössischen Ballettkompanie von Giorgi Aleksidse. Nach dem großen Erfolg mit dem Film „Als wir tanzten/And then we danced“ wurde er in diesem Jahr gleich als einer der European Shooting Stars zur Berlinale eingeladen.
Gelbhakiani verkörpert die Hauptfigur Merab, einen schüchternen Jungen, der sich in der sehr konservativen, hierarchischen Welt des georgischen Folklore-Tanzes sichtlich unwohl fühlt. Der Film erzählt davon, wie das georgische National-Ensemble, ein kulturelles Aushängeschild des Kaukasusstaates, das an den großen Häusern von der Mailänder Scala bis zur New Yorker Met gastiert, einen jungen Tänzer für eine vakante Position rekrutiert.
„Als wir tanzten“ ist einer dieser stillen, leisen Filme, in denen vordergründig wenig passiert, in denen es aber unter der Oberfläche brodelt. Das Drama schildert die doppelte Emanzipation von Merab: Erstens von seiner Familie und seinen Lehrern, die ihm ihre starren, traditionellen Vorstellungen des Volkstanzes vermitteln wollen, bis er sich in der eindrucksvollen letzten Szene beim Casting regelrecht freitanzt. Zweitens befreit er sich von seinem homophoben Umfeld. Die Rivalität zum geheimnisvollen Neuen an der Tanzschule (Bachi Valishvili als Irakli) weicht dem Begehren. Dieser Standard-Topos queeren Kinos wird von Gelbhakiani überzeugend gespielt: Scheues Lächeln und ängstliche Blicke wandeln sich langsam in selbstbewussteres Auftreten.
Levan Akin, in Schweden mit georgischen Wurzeln aufgewachsen, löste mit diesem ersten offen queeren Film aus Georgien große Proteste aus. Als der Film nach der Premiere in Cannes im Herbst 2019 in Tiflis gezeigt wurde, demonstrierten hunderte Nationalisten und Orthodoxe mit Plakaten wie „Stoppt LGBT-Propaganda in Georgien“ und „Homosexualität ist Sünde und Krankheit“ und griffen Gäste auf dem Weg ins Kino an.
In Deutschland kommt „Als wir tanzten“ am 23. Juli in die Kinos.
Bilder: Edition Salzgeber