Kalldewey, Farce

Zu einem Ausflug in die Theatergeschichte lädt die Schaubühne an diesem Wochenende: Der TV-Mitschnitt (NDR/WDR/SFB) von „Kalldewey, Farce“ steht für drei Tage zur Verfügung.

Dieses heute fast vergessene Stück von Botho Strauß schlägt in rätselhaften Szenen einen großen Bogen: vom poetisch-schwurbelnden Ton der Eröffnungsszene, in der Edith Clever und Otto Sander in Liebeserklärungen schwelgen, bis zum Auftritt der Erinnyen im Wasch-Salon. Miriam Goldschmidt und Jutta Lampe als New Wave-Punk Lesben fallen gemeinsam mit seiner Gattin (Clever) über den Mann (Sander) her und zerfleischen ihn. Dabei verfallen sie in einen derben Slang, der kaum in größerem Kontrast zum hohen Ton der Eröffnung stehen könnte.

In den 2,5 Stunden Nettospielzeit schlugen Autor Strauß und Regisseur Luc Bondy noch weit mehr Haken: einen besonders skurrilen Auftritt hat die Titel-Figur „Kalldewey“ (gespielt vom jungen Udo Samel), der im zweiten Teil dieser ohne roten Faden zusammengewürfelten Szenen-Folge in eine Geburtstagsfeier einbricht und von den hysterischen Partygästen unter den Tisch gedrängt wird.

Dass dieser Text vier Jahrzehnte nach seiner Uraufführung (wenige Monate vor der Schaubühnen-Premiere von Niels-Peter Rudolph in Hamburg) kaum noch gespielt wird, ist angesichts der unmotivierten Sprünge und Handlungsfetzen einerseits und der zahlreichen Anspielungen auf Mode und Zeitgeist der frühen 1980er Jahre nicht weiter verwunderlich. Interessant ist an dieser Inszenierung, die 1983 auch zum Berliner Theatertreffen eingeladen war, zweierlei: Die Fortschritts-Skepsis von Botho Strauß und sein Abarbeiten an der linksliberalen Kultur-Schickeria mit all ihren Beziehungsproblemen und Therapie-Ansätzen klingt an mehreren Stellen sehr deutlich an. Vor allem ist diese Archiv-Aufnahme ein Wiedersehen mit den Stars des damaligen Ensembles: mit Otto Sander, mit Edith Clever, mit Jutta Lampe.

Bild: Ruth Walz

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