Tatort: Die Ferien des Monsieur Murot

Wieder einmal nehmen sich der Hessische Rundfunk und Ulrich Tukur alle Freiheiten, den heiligen Sonntag-Abend-Sendeplatz in der ARD als Experimentierfeld für einen schrullig-skurrilen Film zu nutzen und die Genre-Regeln des „Tatort“-Formats zu unterlaufen.

Von einem klassischen Krimi ist auch diese neue Episode mit dem LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur) weit entfernt. Die Grundidee ist, dass er einige Tage in einem wunderbar-spießig eingerichteten Hotel auf dem Land ausspannen möchte und dort einen Doppelgänger trifft, der kurz nach den ersten Begegnungen von einem zurücksetzenden Auto offensichtlich mutwillig überfahren wurde.

Aus diesem doch recht abgedroschenen Doppelgänger-Motiv saugen Regisseur Grzegorz Muskala und sein Drehbuch-Coautor Ben Braeunlich einigen Honig. Mit dem introvertierten Eigenbrötler Murot, der stets elegant und zurückhaltend auftritt, und dem windigen Gebrauchtwagenhändler Walter Boenfeld, der in seinem hessischen Dialekt munter vor sich hinbabbelt sowie eine jeden Geschmackssinn verletzende Vorliebe für Hawaiihemden und grelle Sakkos hat, prallen Welten aufeinander. Mit einer Mischung aus kindlicher Neugier und ungläubigem Kopfschütteln übernimmt Murot einfach den Platz seines Doppelgängers. Er zieht in das Kleinstadt-Häuschen, quält sich durch die Garten-Partys mit den ebenso zwielichtigen wie anstrengenden Nachbarn (Carina Wiese und Thorsten Merten als Birgit und Peter Lessing) und tastet sich an das fremde Leben des Alter egos heran.

Das Interessanteste an diesem Film ist, wie sich Anne Ratte-Polle in der Rolle der Witwe Monika Boenfeld und Ulrich Tukur als angeblicher Walter Boenfeld belauern, kritisch taxieren und langsam ineinander verlieben. Die langen, fragenden Blicke und die Spannung, die in ihren Dialogen liegt, sind hervorragend gespielt und machen den Kern des Films aus.

Am Ende gibt es zwar doch noch einen Showdown, der aber sofort durch alternative Traumsequenzen ironisiert wird und in diesem skurrilen Schmunzelfilm nicht die entscheidende Rolle spielt.

Bilder: © HR/Bettina Müller

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