Teresa und Montoya stehen im Zentrum der Dokumentation „A Cop Movie/Una película de policías“ des mexikanischen Regisseurs Alonso Ruizpalacios. Beide traten in die Fußstapfen ihrer Väter, lernten sich beim Streifenwagen-Einsatz kennen, wurden ein Paar. Sehr langatmig erfahren wir dies während der ersten Stunde, in der ausufernd geredet wird, aber nur selten interessante Erkenntnisse vermittelt werden. Zur Auflockerung gibt es zwischendurch einige Re-Enactments von Polizei-Einsätzen und Verfolgungsjagden.
Ein plötzlicher Bruch kommt in der Mitte des Films: im vierten Kapitel wechselt Ruizpalacios auf die Meta-Ebene. Eingezwängt in ein stark geschrumpftes Bild-Format sprechen die beiden Schauspieler*innen, die Teresa und Montoya verkörpern, über ihr Fremdeln mit ihren Rollen, ihre Skepsis gegenüber der Polizei als Institution und über den Lehrgang an der Polizei-Akademie, den sie zur Vorbereitung auf den Film absolviert haben.
Erst in der letzten halben Stunde kommt „A Cop Movie“ zu dem Punkt, den der Film machen will: Das Paar, das die Regeln durchsetzen will, stößt an die Grenzen eines korrupten Systems. Das Re-Enactment der Polizei-Karrieren von Teresa und ihrem Partner Montoya ist an dem Abend angekommen, als sie Ermittlungen gegen Politiker begannen, jedoch sofort von ihren Vorgesetzten zurückgepfiffen wurden.
Zum ersten Mal kommen die beiden echten Protagonist*innen des Films vor die Kamera. Sie erzählen von den Schikanen, vom Mobbing, von den Versuchen, sie zu brechen. Im Abspann erfahren wir, dass Teresa und Montoya ihren Dienst 2019 quittierten. Sie sahen keine andere Möglichkeit.
Ruizpalacios, der 2014 den Berlinale-Preis für den besten Debütfilm mit „Güeros“ in der Sektion Panorama gewann und 2018 mit „Museo“ in den Wettbewerb um die Bären eingeladen war, tritt in dieser Dokumentation zu sehr auf der Stelle. Es war schon eine erste Überraschung, dass die Netflix-Produktion überhaupt in den Wettbewerb eines A-Kino-Festivals eingeladen wird. Noch unverständlicher ist, dass „A Cop Movie“ von der Jury mit einem Silbernen Bären für den Film-Schnitt ausgezeichnet wird. Auch diese Auszeichnung dürfte aber wenig daran ändern, dass diese Dokumentation wohl bald in den Tiefen des Streaming-Dienstes verschwinden wird.
Auch die zweite Dokumentation im Berlinale-Wettbewerb gewann einen Silbernen Bären: Maria Speth erhielt für ihr mehr als 3,5 Stunden langes XXL-Porträt „Herr Bachmann und seine Klasse“ eines engagierten Lehrers den Preis der Jury.
Mit raffinierter Erzählstruktur überzeugt das Drama „Der menschliche Faktor“ von Ronny Trocker im Panorama. Die Geschichte ist nicht besonders neu: ein Paar (Sabine Timeoteo und Mark Waschke) lebt sich auseinander, trennt sich beruflich und privat. Spannend ist die Art, wie Trocker diesen Plot erzählt: einzelne Passagen werden immer wieder aus neuen Perspektiven erzählt, so setzt sich Schritt für Schritt das Puzzle des kammerspielartigen Dramas zusammen.
Die kleinen Heimlichkeiten, die Jan und Nina, die zusammen eine PR-Agentur leiten, und die Einbruchs-Geräusche, die Nina bei einem Wochenend-Trip der Familie in ihr Ferienhaus in Belgien hört, erzeugen eine bedrohliche Atmosphäre. In seinem zweiten Film nach „Die Einsiedler“ (Orizzonti, Venedig 2016) hält Trocker diese Spannung über knapp zwei Stunden aufrecht. Seine Premiere hatte diese „Das kleine Fernsehspiel“-Koproduktion bereits kurz vor der Berlinale Ende Januar in Sundance.
Außerdem habe ich hier über die Preisträger der Berlinale-Shorts und die Teddy-Kandidaten geschrieben.
Vorschaubild aus „A Cop Movie“: © No Ficcion