Die Hydra

Eine skurrill-versponnene Heiner Müller-Collage performte Leinwand- und Theaterstar Sandra Hüller im Oktober 2019 in den Kammerspielen des Schauspielhauses Bochum. In seltenen Momenten trägt sie die ausgewählten Texte in ernstem, strengem Ton vor.

Meist nimmt dieser nur 75 Minuten kurze Abend jedoch einen ganz anderen Verlauf: hier ein kleines Proben-Geplänkel mit den Musikern Moritz Bossmann, Michael Graessner und Sandro Tajouri über den richtigen Sound und die optimale Ausrichtung der Anlage, dort ein paar Reflexionen über Gott, die Welt, die Kunst, das Arbeitsethos bei Max Weber. War die Bühne anfangs völlig leer, so wird im Lauf der Inszenierung eifrig gewerkelt und geräumt, werden alte, schwere Möbel verschoben oder verrückt, Im nächsten Moment schlüpft Hüller in ein pinkes Kostüm und lässt ihre Müller-Rezitation pantomimisch von ihren männlichen Side-Kicks in clownesken Kostümen begleiten.

Sandro Tajouri, Sandra Hüller, Moritz Bossmann

Tom Schneiders Inszenierung setzt darauf, die Erwartungen ironisch zu unterlaufen. Oft wird nur ganz beiläufig gesprochen, das schroffe Heiner Müller-Pathos wird bewusst unterspielt. Nach ihrer bejubelten „Bilder deiner großen Liebe“-Konzert-Version, die vom Zürcher Theater Neumarkt aus über die Festivals der deutschsprachigen Theaterszene tourte, ist diese zweite Zusammenarbeit von Schneider und Hüller eine merkwürdige, kleine Müller-Hommage. Während des zweiten Lockdowns stand sie heute als Live-Stream auf dem Bochumer Digital-Spielplan.

Bilder: Thomas Aurin

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