Raunende Stimmen aus dem Off begleiten Isabells Rückkehr ins Elternhaus. Lukas Rietzschel schildert in seinem Auftragswerk, das er für die Diskothek des Schauspiels Leipzig schrieb und das coronabedingt als Theaterfilm online uraufgeführt werden musste, Tristesse pur. An einem namenlosen Ort irgendwo tief in der ostdeutschen Provinz, den alle Jüngeren und besser Gebildeten mangels ökonomischer Perspektiven verlassen haben, regiert das Gefühl, abgehängt und verlassen zu sein.
Isabell (Teresa Schergaut), angehende Ärztin, kehrt aus Leipzig in das Dorf zurück und ist mit der Sprachlosigkeit und der Kommunikationsunfähigkeit der Figuren konfrontiert. Starr sitzen die Spieler am Tisch, reden oft aneinander vorbei. Während der knappen Stunde verschiebt sich jedoch der Fokus: Was als Studie von Depression und Verzweiflung beginnt, entwickelt sich zu einem Politthriller-Kammerspiel. Isabells Vater Frank (Tilo Krügel) betrügt nicht nur seine todkranke Frau mit seiner neuen Freundin Peggy (Annett Sawallisch), sondern ist ein Strippenzieher eines rechtsextremen Netzwerks. Er steigert sich in Bewaffnungs- und Vergeltungsphantasien.
Auf eine bittere Pointe steuert dieses kurze Stück zu. Der prekär beschäftigte Amazon-Kurier Sebastian (Denis Grafe) wird zum Bauernopfer, das Netzwerk, in das auch Polizist Steffen (Dirk Lange) verstrickt ist, bleibt stabil. Lukas Rietzschel, der in Görlitz lebt und 2018 mit seinem Roman „Mit der Faust in die Welt schlagen“ bekannt wurde, zeichnet in diesem Auftragswerk ein düsteres Bild abgehängter ostdeutscher Regionen und politischer Radikalisierung.
Intendant Enrico Lübbe setzte das Stück als filmisches Kammerspiel um, Teresa Vergho entwarf die Kostüme der Figuren, die verkniffen und maskenhaft wirken. Die Schauspieler sind fast wie zu Puppen erstarrt.
Bilder: Schauspiel Leipzig