Automatenbüfett

Mit Martharlerscher Melancholie und Tragikomik erzählt Barbara Frey, langjährige Intendantin des Schauspielhaus Zürich, vom Scheitern der Träume von Adam (Michael Maertens) und Eva (Katharina Lorenz). Die beiden sind die Hauptfiguren eines jahrzehntelang vergessenen Volksstück-Sozialdrama-Hybrids von Anna Gmeyner das 1932 auf mehreren großen Bühnen im deutschsprachigen Raum gespielt wurde, mit dem Untergang der Weimarer Republik von den Spielplänen verschwand und Ende Oktober 2020 unmittelbar vor dem Corona-Lockdown am Wiener Akademietheater wieder ausgegraben wurde.

Gmeyners Figuren erinnern stark an das Personal ihres ungleich bekannteren Kollegen Ödon von Horváth: Adam und Eva sind Menschen, die das Herz am rechten Fleck haben, sich durchs Leben kämpfen, immer wieder enttäuscht und verraten werden, aber doch nicht aufgeben.

Frey inszeniert das Stück mit einem stargespickten Burgtheater-Ensemble mit Publikumslieblingen wie Maria Happel, die im Automatenbüfett (Bühne: Martin Zehetgruber) das strenge Regiment führt, ihrem Adam aber den Laufpass gibt, als ihr der jüngere, gewandtere und attraktivere Pankraz (Christoph Luser) einen Antrag macht. In elegischer Langsamkeit, kleinen pantomimischen und tänzerischen Einlagen plätschert der Abend dahin. Die 1 Stunde 45 Minuten fühlen sich eher wie drei Stunden an.

In der 10er-Auswahl des digitalen Theatertreffens ist „Automatenbüfett“ wohl die konservativste Position: klassisches, entschleunigtes Schauspielertheater, das von 3sat ohne viel Schnickschnack abgefilmt wurde und noch bis 11. September 2021 in der Mediathek abrufbar ist. Live in Wien kann man das Stück nach dem Ende des monatelangen Lockdowns am 29. Mai erstmals wieder sehen. Überraschend wurde der Abend im November 2021 mit zwei Nestroys ausgezeichnet: Michael Maertens als bester Hauptdarsteller und Barbara Frey für die beste Regie.

Bild: Matthias Horn

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