Die drei Musketiere

Wer bei diesem Titel opulentes Mantel- und Degen-Ausstattungstheater erhofft, ist dem Regisseur Antonio Latella auf den Leim gegangen. Auf der leeren und für diese Inszenierung viel zu großen Residenztheater-Bühne toben die vier Harlekine in ihren Commedia dell´arte-Kostümen herum, nachdem sie die Bühne zu Adriano Celentano-Schlagern von den Seiten-Eingängen aus geentert haben.

Zwei Stunden lang bietet das Quartett Comedy mit manch flachen Kalauern, im nächsten Moment perfekt von Francesco Manetti einstudierte Choreographien, in denen sie steppen oder die Aufführungen der Spanischen Hofreitschule zum Radetzkymarsch persiflieren. Die Handlung des Roman-Klassikers von Alexandre Dumas wird nur kurz gestreift, die vier Schauspieler Nicolo Mastroberardino, Michael Wächter, Vincent Glander und an diesem Abend Elias Eilinghoff, der sich mit Max Rothbart abwechselt, nutzen die Figuren von Artamis, D´Artagnan und Co. als Spielmasse für ihre Meta-Theater-Komödie, in der sie sich ausgiebig über Dramaturgen lustig machen, die zu spät gekommene Eva immer wieder in ihre Wortgefechte einbeziehen oder einfach nur blödeln.

Michael Wächter, Max Rothbart, Vincent Glander, Nicola Mastroberardino als Pferde zum Radetzkymarsch

Um die Freiheit des Spiels ging es dem italienischen Regisseur Latella, wie er in einem Programmheft-Interview sagte, das ähnlich sprunghaft mäandert wie die Aufführung, die 2019 zunächst in Basel Premiere hatte und Intendant Andreas Beck bei seinem Wechsel ans Münchner Residenztheater mitbrachte, wo sie zunächst im kleineren Cuvilliéstheater gezeigt wurde, die besser zu diesem oft improvisiert wirkenden, spielerischen Format passt als die in ihren Ausmaßen einschüchternde, an diesem Abend zu oft in ihrer Breite ungenutzte große Bühne des Bayerischen Staatsschauspiels.

Ein bunter Strauß an mehr oder weniger witzigen Einfällen sind diese „Drei Musketiere“, die oft Spaß machen, aber zu lang geraten sind und insgesamt doch auch ziemlich banal. Deshalb überrascht es, dass die Theatertreffen-Jury die Inszenierung für ihre 2020er-Auswahl in der Diskussion hatte. Dort machte sich Latella aber selbst Konkurrenz: er wurde mit seiner wesentlich stärkeren, stilistisch völlig anderen Münchner Inszenierung „Eine göttliche Komödie“ eingeladen. Leider konnte dieses Highlight der Spielzeit im Corona-Jahr weder live gezeigt noch gestreamt werden.

Bilder: Sandra Then

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