Wolf Biermanns 85. Geburtstag

Von einer so prominenten Geburtstags-Gästeliste, vor allem mitten in der Pandemie, kann man nur träumen: zum 85. Geburtstag von Wolf Biermann war eine ganze Reihe des Parketts für die fast komplett anwesende Staatsspitze reserviert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier saß neben der nur noch geschäftsführend tätigen Kanzlerin Angela Merkel, in der Mitte saß der DDR-Bürgerrechtler und Bundespräsident a.D. Joachim Gauck, links folgten Michael Müller, bis vor kurzem Regierender Bürgermeister Berlins, der in den Bundestag gewählt wurde, sowie Olaf Scholz, Vizekanzler und vermutlich in wenigen Wochen Kanzler der neuen Ampel-Koalition.

Zurecht wies Intendant OIiver Reese in seiner kurzen Begrüßung darauf hin, dass es ein solches Line-Up nicht mal bei der Dreigroschenoper gab, als nur der designierte Vize-Kanzler Robert Habeck volksnah auf einer Treppenstufe kauerte. Nach einer Laudatio des Historikers IlkoSascha Kowalczuk, der auf die Geschichte des DDR-Unrechts spezialisiert ist, auf das Geburtstagskind, stellten Freunde und langjährige Weggefährten ein kleines Programm aus Liedern und Texten des Jubilars zusammen.

Dramaturgisch wirkte diese Auswahl recht beliebig und kam nicht so richtig in Schwung. Fahrt nahm der Abend erst auf, als Biermann aus der ersten Reihe auf seinen Lieblingsplatz an der Rampe gebeten wurde. Endlich konnte er die im Publikum obligatorische Maske abnehmen, zur Gitarre greifen und ein Best-of seiner bekanntesten Lieder singen.

Er nutzte die Gelegenheit nicht nur zu einem Duett mit seiner Frau Pamela, sondern auch für die ein oder andere launige Bemerkung an die Politprominenz. Anekdotisch und weitschweifend wie von ihm gewohnt räsonierte er über Treffen mit Allen Ginsberg, Stasi-Überwachung, die Niederschlagung des Prager Frühlings, seine Ausbürgerung 1976, die französische Präsidentschaft von Francois Mitterand und die Repression in Russland gegen die NGO Memorial. Seine prominenten Gäste pflaumte er gerne mal an, duzte die „Angela“ und erinnerte sich an Begegnungen in ihrer „Hütte“.

Bleibt zu hoffen, dass die Hightech-Lüftung, auf die das BE so stolz ist, tatsächlich so gut ist wie ihr Ruf. Wenn die prominente, dicht an dicht sitzende, geimpfte Promi-Gästeschar wider Erwarten doch in Quarantäne müsste, wäre die Staatsspitze erst mal lahmgelegt.

Vor der Tür hatte sich aber der Aufruhr gelegt, den ein ungeimpfter Besucher vor dem Geburtstags-Konzert veranstaltete. Er tobte und schrie im Foyer, da seit Montag die 2G-Regelung gilt und er von einer Teilnahme ausgeschlossen ist.

Bild: Hans Scherhaufer

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