interfilm Festival 2021

Starke politische Filme prägten die hybride Ausgabe des interfilm-Festivals, das sich jährlich im Herbst den Kurzfilmen widmet: Schmerz und Trauer stehen im Mittelpunkt von „Maalbeek„, das von der Jury zum besten Film des internationalen Wettbewerbs gekürt wurde. Der Titel spielt auf die U-Bahnstation in Brüssel an, die im März 2016 kurz vor Ostern von einem islamistisch-fundamentalistischen Anschlag erschüttert wurde, zu dem sich Daesh bekannte.

Szene aus Maalbeek

Ismaël Joffroy Chandoutis mixt die sich überschlagenden Stimmen der Nachrichtensprecher, die die „Breaking news“ vom Anschlag verlesen, mit den tastenden Versuchen von Sabine, ihr Trauma zu verarbeiten. Verschwommene Bilder stehen für den kompletten Erinnerungsverlust, den das Anschlagsopfer erlitt, als sie ins Koma fiel. Die grauen, verwaschenen Animationen sind ein interessanter künstlerischer Ansatz für den verzweifelten Versuch der Frau, sich aus Gesprächen und Archivaufnahmen ein Bild von dem Unglück zu machen, das in ihrer Erinnerung ausgelöscht ist.

Um eine traumatische Erfahrung kreist auch „Bestia“ von Hugo Corravubias: Der Titel bezieht sich auf Ingrid Olderöck, die als „La mujer de los perros“ in die chilenische Geschichte eingehen. Die Tochter überzeugter Alt-Nazis arbeitete für den Geheimdienst des Putsch-Generals Augusto Pinochet und war für ihre brutalen Foltermethoden bekannt, für die sie ihre Hunde trainierte und einsetzte.

Szene aus „Bestia“

Dieser Hintergrund ist wichtig, um die Anspielungen des bitterbösen Porträts zu verstehen, das Corravubias als nur scheinbar harmlosen Animationsfilm drehte.

Von arrangierten Ehen im Sudan erzählt „Al-Sit“ von Suzannah Mirghani: Nafisas Mutter ist ganz aus dem Häuschen, da sie für die 15jährige eine „tolle Partie“ an Land gezogen hat. Nadir ist ein aalglatter Geschäftsmann, der in Dubai oder Doha – egal, irgendwo mit hohen Türmen auf der arabischen Halbinsel, wie ein running-gag des Films lautet – viel Geld gescheffelt hat. Einen ungewöhnlichen Verlauf nimmt diese Geschichte, als Mutter und Bräutigam die Matriarchin des Dorfes aufsuchen, die jeder Ehe ihren Segen geben muss: sie hält dem aufgeblasenen Typen den Spiegel vor, sagt Nein und rettet Nafisa, die sie als Nachfolgerin im Auge hat, vor einer unglücklichen Ehe.

Zwischen all den schweren politischen Themen findet sich auch ein leichter Unterhaltungsfilm unter den Gewinnern der Festival-Hauptpreise: „Pračka (Waschmaschine)“ von Alexandra Májová ist eine kleine, beschwingte Fantasie über die Erlebnisse eines Manns mit seinem Haushaltsgerät, die für ihr Rhythmusgefühl und ihr Sound-Design ausgezeichnet wurde.

Bilder: interfilm Festival. Vorschaubild aus „Al-Sit“

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