Ein unwahrscheinliches Paar findet im neuen Film von Paul Thomas Anderson: Gary Valentine, ein unter Pubertäts-Pickeln leidendes Riesenbaby, schwärmt für die hübsche Alana Kane. Der Altersunterschied hält sich mit zehn Jahren zwar in Grenzen, die beiden trennen aber entscheidende zehn Jahre in ihrer Entwicklung.
Gary ist erst 15, kam als Kinderdarsteller zu Ruhm, prahlt damit, dass er bereits erfolgreicher Unternehmer sei, und versucht sich im Lauf der skurrilen 133 Minuten noch in weiteren Branchen, z.B. beim Verkauf von Wasserbetten mit Hilfe telefonischer Drückerkolonnen. Alana ist bereits 25, aber bei weitem nicht so selbstbewusst und erfolgreich. Sie wohnt noch bei ihrer jüdischen Familie (gespielt von der Band Haim der Hauptdarstellerin), die jeden neuen Verehrer kritisch beäugt, und bietet an High Schools Fotoaufnahmen für die Jahrbücher an.
Als Gary seiner neuen Flamme die ersten Avancen macht, nimmt sie ihn nicht weiter ernst und weist ihn mit ironischem Lächeln in die Schranken. In den folgenden knapp zwei Stunden passiert mit zahlreichen Abschweifungen nicht recht viel mehr, als dass sich Gary und Alana doch näher kommen, zunächst als Geschäftspartner, dann auch emotional.
Zwischen dem starken Hauptdarsteller-Duo (Cooper Hoffman, der Sohn von Philip Seymour Hoffman, als Gary und Alana Haim als Alana) gibt es zwar manche schöne Szenen, wie sie sich z.B. im Flugzeug während ihrer ersten gemeinsamen Reise gegenseitig eifersüchtig machen. Zu oft gräbt sich Regisseur und Drehbuchautor Paul Thomas Anderson jedoch in schrullige Ideen ein, die von Fans bejubelt werden, die zwei Stunden aber sehr in die Länge ziehen.
Die Liebeskomödie unterhält mit tollen 1970er Jahre-Songs, die Jonny Greenwood zusammengestellt hat, der Plot des Nostalgie-Trips ist aber recht dünn. Vor allem im Mittelteil verzettelt sich die Geschichte von Gary und Alana in zu vielen schrägen Miniaturen und Nebensträngen, z.B. Gastauftritten von Sean Penn oder dem Vater von Leonardo diCaprio.
Immerhin findet „Licorice Pizza“ gegen Ende wieder halbwegs in die Spur. Der Auftritt von Bradley Cooper als psychopathischer Lover von Barbara Streisand läutet eine hervorragende Sequenz mit einer packenden Fahrt durch die Hollywood Hills ein, Benny Safdie bekommt einen Gastauftritt als verklemmter, homosexueller Politiker, der seinen Partner im Wahlkampf versteckt, und ganz zum Schluss finden die beiden dann doch noch zueinander.
„Licorice Pizza“ ist ein Liebling der Kritiker und ein Film für Freunde des skurrilen Humors, die bereit sind, über die beschriebenen Schwächen des Films hinwegzusehen. Bei den Golden Globes war „Licorice Pizza“ immerhin für vier Trophäen nominiert (als bester Film, für das Drehbuch und die beiden Hauptdarsteller), ging aber leer aus. Bei den Oscars ist „Licorice Pizza“ von vornherein nur einmal nominiert, allerdings in der Königsklasse des „Besten Films“, und hatte gegen „Coda“ das Nachsehen.
Bilder: Universal Pictures