Elvis

Neun Jahre nach seinem Cannes-Eröffnungs-Flop „The Great Gatsby“ meldete sich der Australier Baz Luhrmann mit einem opulenten Biopic-Musical auf der großen Leinwand zurück, auch diesmal feierte er auf dem wichtigsten A-Festival an der Côte d’Azur Premiere und sein neuer Film lief ebenfalls wieder außer Konkurrenz des Wettbewerbs um die Goldene Palme. Das Biopic ist einem der Megastars der Musikbranche des 20. Jahrhunderts gewidmet: „Elvis“, der als „King of Rock´n`Roll“ verehrt wurde und so tragisch abstürzte.

Diese Geschichte von Aufstieg und Fall erzählt Luhrmann aus der Sicht des Managers, der sich als Colonel Parker ausgab, tatsächlich aber aus den Niederlanden geflohen war und als Staatenloser über die Jahrmärkte tingelte, bevor er Elvis Presley kennenlernte. Parker (gespielt von Tom Hanks mit Zigarre und Fatsuit) machte Presley groß, bereicherte sich an ihm und sperrte ihn schließlich in einen goldenen Käfig, in dem er zugrunde ging.

Atemlos erzählt der Film diese Geschichte: mit Splitscreens, Clips und Songs rauscht die Story voran. Susan Vahahzadeh spottete in der SZ über unkonzentrierten „Filmschnipselsalat“, aber seine Einstiegs-These platziert Luhrmann doch sehr pointiert. Die erste Stunde des überlangen Films steuert zielstrebig darauf zu, wie Elvis das verklemmte 50er Jahre-Publikum in Ekstase versetzte und die bis dahin von braver Country-Musik dominierte Südstaaten-Szene aufmischte. Jenny Zylka beschreibt in der taz, welche Inspiration sich Elvis von den Gospels und dem Rhythm & Blues der Schwarzen holte und wo er raubkopierte, was Luhrman nur anreißt. Dem Regisseur ging es vor allem darum, wie sich Elvis mit seinem lasziven Hüftschwung zum Sex-Symbol stilisierte und sich vom schüchternen Jungen in eine gefeierte Projektionsfläche aufgestauter Lust verwandelte. Der kalifornische Ex-Teenie-Star Austin Butler ist in seiner ersten großen Kino-Rolle eine glänzende Besetzung für diese Facette des Elvis-Mythos und wurde dafür auch mit einem Golden Globe ausgezeichnet.

Luhrmann hat sich aber in den 2,5 Kino-Stunden noch sehr viel mehr vorgenommen. Im Mittelteil hängt „Elvis“ ein paar Mal durch, berappelt sich aber doch ebenso wie seine Hauptfigur. Im Galopp durch die 1960er Jahre nahm es Luhrmann mit der historischen Wahrheit oft nicht ganz so genau, wie ihm Popkultur-Experte Tobi Müller in der ZEIT vorwirft.

Mit solchen Kleinigkeiten hält sich der Film nicht auf und strebt dem großen Finale zu: Eindringlich schildert das Biopic „die windigen Geschäfte und Lügen, mit denen Parker ihn bis zum Ende seines Lebens als jumpsuittragendes Michelin-Männchen mit ungesundem, verdrogtem Bananen-Erdnussbutter-Sandwich-Körper in Las Vegas festtackert“, wie Zylka in der taz so schön schrieb. Die manipulativen Tricks und Knebelverträge erinnern an den Vater von Britney Spears, der Sina Martens und Lena Brasch einen Abend im Berliner Ensemble widmeten.

Das Publikum ist am Ende fast so erschöpft wie die ausgebrannte, vollgepumpte Titelfigur und hat einen ganz soliden Unterhaltungs-Film über eine Popkultur-Ikone hinter sich gebracht.

Bild: Warner Bros.

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