Die großen Themen der 1950er Jahre verhandelte im März 2016 ein ZDF-Mehrteiler: „Ku´damm 56“ erzählt anhand der Tanzschule Schöllack von der Zerrissenheit der Gesellschaft zwischen biedermeierlicher, verklemmter Sexualmoral und dem Prä-68er-Aufbegehren der Rock´n´Roll-begeisterten Jugend, zwischen Verdrängung der Nazi-Schuld und neuen Waffengeschäften.
Im TV gab es bereits zwei Fortsetzungen, zunächst 2018 mit „Ku´damm 59“ und im Lockdown-Frühjahr 2021 mit „Ku´damm 63“. Ein halbes Jahr später, Ende November 2021, konnte auch die Musical-Fassung im Theater des Westens, nur wenige Schritte vom Ku´damm entfernt, starten.
Annette Hess, die Drehbuchautorin der Vorlage, schrieb auch das Libretto für das Musical und dampfte die melodramatisch verwickelten Handlungsstränge um die strenge Matriarchin Caterina Schöllack und ihre drei Töchter Monika, Helga und Eva, für die sie eine gute Partie sucht, auf knapp 2,5 Stunden inklusive Pause ein.
Immer noch spannt die gekürzte Handlung ein weites Zeitgeschichtspanorama, erzählt von Enteignung jüdischer Familien, Verbrechen von Ärzten in KZs, der verdrängten Homosexualiät von Schwiegersohn Wolfgang und der Lebensfreude der „unmöglichen“ Monika, die nicht in den vorgeplanten Bahnen feststecken möchte.
Dass der Abend funktioniert, liegt vor allem an der Musik, die Ex-Rosenstolz-Duo Peter Plate und Ulf-Leo Sommer komponierten: Sie treiben die Handlung voran und kulminieren in der mitreißenden „Berlin, Berlin“-Hymne zum Finale.
Wenn der verästelte Plot manchmal etwas durchhängt, sorgt der Soundtrack für neuen Schwung und einen unterhaltsamen Sommer-Theaterabend. Beim Publikum kommt „Ku´damm 56“ so gut an, dass Stage Entertainment die Show bereits 2x verlängerte.
Bilder: Jörn Hartmann – Dominic Ernst