Die Magnetischen

Eine Zeitreise ins Jahr 1981 unternimmt Vincent Maël Cardona in seinem Debütfilm „Les Magnétiques“. Der Regisseur war damals gerade erst im Säuglingsalter, auch die meisten Schauspieler aus seinem Cast haben die Zeit nicht bewusst miterlebt.

Mit großer Hoffnung blickte die Jugend in der französischen Provinz damals nach Paris: der Wahlsieg des Sozialisten Francois Mitterand wurde von einer Aufbruchstimmung begleitet, die jedoch schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde. Statt gesellschaftsverändernder Utopien, wie sie in den 1970ern en vogue waren, dominierten Punk und New Wave, eine pessimistische „No Future“-Grundhaltung, die hohe Jugendarbeitslosigkeit sorgte für Frust, statt linker Träume von Solidarität und einer besseren Welt prägte das individualistisch-(neo-)liberale Laissez-faire das folgende Jahrzehnt. Im Film „Die Magnetischen“ steht vor allem Edouard (Antoine Pelletier) für diese Haltung.

Liebes-Dreieck Marianne, Jérôme, Philippe

Dies ist das Setting, in dem die beiden Brüder Jérôme (Joseph Olivennes) und Philippe (Thimotée Robart) den Underground-Sender Radio Warsaw irgendwo im Nordwesten Frankreichs betreiben: der Name ist eine Hommage an die Band „Joy Division“, die anfangs unter diesem Titel auftrat und den Musikgeschmack der Jungs und ihrer Freunde prägte. Philippe ist der extrovertierte Frontmann, der am Mikro und auf den Partys aufblüht, Jérôme ist der ambitionierte, aber introvertierte Frickler, der später beim britischen Armee-Radio für Furore sorgt, aber viel zu schüchtern ist, Marianne (Marie Colomb) seine Liebe zu zeigen.

Philippe (Thimotée Robart) bei der Musterung; © Port au Prince Pictures

Der Film ist melancholische Dreiecks-Liebesgeschichte, liebevolle Erinnerung von Philippe an den zu früh verstorbenen Bruder und vor allem auch Hommage an Musik und Zeitgeist der frühen 1980er. Ganz bei sich ist „Die Magnetischen“, wenn der Film seine Hauptfigur dabei beobachtet, wie er die titelgebenden Magnetbänder entwirrt und neue Sounds austüftelt. Das Debüt von Maël Cardona ist dramaturgisch noch nicht an Stellen rund, wurde aber bereits mit dem französischen Filmpreis César für das beste Erstlingswerk ausgezeichnet. Im Sommer 2021 feierten „Die Magnetischen“ ihre Premiere in der Cannes-Nebenreihe Quinzaine des Réalisateurs, in diesem Jahr waren sie zum Filmfest München eingeladen und seit dem 28. Juli 2022 sind sie im Kino zu sehen.

Bilder: © Céline Nieszawer / Port au Prince Pictures

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