Der Theatermacher

Der Abend ist ganz auf sie zugeschnitten: Stefanie Reinsperger grantelt sich durch die Rolle des Staaaaatschauspielers – wie sie nicht müde wird, zu betonen – Bruscon. Thomas Bernhard beschrieb in seinem 1985 von Claus Peymann uraufgeführten Spätwerk einen – wie man heute sagen würde – alten, weißen Mann der besonders toxischen Sorte.

Der Look der Hauptfigur erinnert an Helmut Qualtinger und seinen Herrn Karl, sie zieht vom Leder, beweihräuchert ihr eigenes Genie und Lebenswerk und verflucht die kleingeistige, von Nazis durchseuchte, österreichische Provinz, die dieses Gottesgeschenk, für das sich Bruscon hält, nicht zu schätzen weiß. In der ersten Stunde versteht es Reinsperger hervorragend die Spannung zu halten. Mit Ensemble-Kollegen Wolfgang Michael hat sie einen ebenso kauzigen wie erfahrenen Stichwortgeber, eine „Anspielwurst“ de luxe, in der Rolle des Wirtes im Kaff Utzbach.

Nach dem ersten Vorhang wird der Abend allmählich redundant. Auch die vom Publikum zurecht bejubelte Virtuosität einer Stefanie Reinsperger reicht nicht, um das Psychogramm eines manischen Künstlers über die komplette Länge von 130 Minuten zu tragen. Es schleichen sich einige Längen ein, die eine vierköpfige Live-Band zu kaschieren versucht. Die Demütigungen der Ehefrau Agathe und der beiden Kinder ähneln sich zu sehr, eine stärkere Verdichtung und Kürzung hätte dem Abend gut getan.

Oliver Reese, seit 2017 neuer Chef des Berliner Ensembles, hat den Bernhard-Abend so solide inszeniert, dass wohl auch die selbsternannte Bernhard-Witwe, sein Vorgänger Claus Peymann, seine Freude daran gehabt hätte.

Bilder: Matthias Horn

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