Einer flog über das Kuckucksnest

Einen der berühmtesten und erfolgreichsten Filme aus der kurzen Blütephase von New Hollywood, in der politisches Engagement und künstlerische Freiheit zu spannenderen Ergebnissen führten als wir sie mit der aktuellen Blockbuster- und Sequel-Welle geboten bekommen, nahm sich Leander Haußmann für sein Theater RambaZamba-Debüt vor.

Tatsächlich ist „Einer flog über das Kuckucksnest“ nach dem Roman von Ken Kesey und dem Film von Miloš Forman das Debüt von Haußmann in dem kleinen, inklusiven Theater auf dem Gelände der Kulturbrauerei. Dem Publikum ist er aber natürlich vertraut aus zahlreichen Arbeiten zu Claus Peymanns Zeit am Berliner Ensemble sowie an der Volksbühne und durch seine Kino-Komödien-Hits wie „Sonnenallee“ (1999).

Am Ende dieser 100 Minuten kommt Haußmanns typischer Stil ganz bei sich an: zu Pop und Rock brechen die Insassen der Psychiatrie aus und rasen in einem vorproduzierten Anarcho-Slapstick-Video durch den Prenzlauer Berg. Die Flucht vor Schwester Ratched (Franziska Kleinet) ist unterhaltsam gemacht und bietet einige Insider-Running-Gags wie den Detlev Buck-Auftritt als überfordertem Streifenpolizisten, der seit der „Sonnenallee“ durch Haußmanns Werk geistert. Auch typisch Haußmann ist die unbeschwerte Kindsköpfigkeit, mit der sich einen Gastauftritt als Zuhälter und schmieriger Kleinkrimineller gönnt.

Ein Haußmann-Auftritt kommt auch nie ohne eine Rampensau aus. Am BE übernahm diese Rolle oft Matthias Mosbach, der seit einigen Jahren als Schauspieler und mittlerweile auch als Regisseur mit dem RambaZamba-Ensemble arbeitet und diesmal die Rolle eines Patienten, der sich für den Anstalts-Arzt hält, spielen sollte. Leider musste er Corona-bedingt passen: im vorproduzierten Film ist er zwar dabei, in den wesentlich längeren Live-Passagen sprang Norbert Stöß, ebenfalls ein bekanntes Gesicht aus der Peymann-Ära am BE, für ihn ein. Den Rampensau-Auftritt legt diesmal Jonas Sippel aufs Parkett, einer der bekanntesten RambaZamba-Spieler und auch regelmäßig in Koproduktionen am Deutschen Theater Berlin zu sehen. Er spielt die Rolle von McMurphy, entert die Bühne mit einer kleinen Breakdance-Choreographie und bekommt auch Szenenapplaus, wenn er sich als Alter ego von Jack Nicholson in einzelne Szenen des Hollywood-Films einklinkt, die über die Leinwand flimmern.

Die Kritik an Auswüchsen wie der Lobotomie, die in der Anti-Psychiatrie-Bewegung der 1960er und 1970er Jahre angeprangert wurden und mit diesem Film auch ein breites Publikum erreichten, kommt in der RambaZamba-Komödie nicht zu kurz. Allerdings ist die erste Stunde streckenweise etwas zu sehr Film-Nacherzählung, erst auf der Zielgeraden löst Haußmann die Handbremse und lässt der Spielfreude freien Lauf.

Bild: Andi Weiland

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