In grauen und braunen Tönen zeichnet Cristian Mungiu ein düsteres Bild seiner rumänischen Heimat. Karg und nüchtern ist auch die Errzählweise. Die erste Stunde ist kein Kino-Vergnügen: viele Figuren und Erzählstränge werden eingeführt, sehr elliptisch bleibt die Struktur.

Wer sich durch die harte Kost durchkämpft, wird in der zweiten Hälfte mit einem präzisen Porträt von zwei gravierenden Problemen osteuropäischer Gesellschaften konfrontiert: die Bäckerei des kleinen Dorfs in der Provinz leidet unter Fachkräftemangel. Die Löhne vor Ort sind so niedrig, dass viele Einheimische lieber die EU-Freizügigkeits-Regeln nutzen und nach Westeuropa ziehen, wo sie im schlimmsten Fall in den berüchtigten Schlachthöfen schuften. Die prekäre und schmutzige Arbeit in Rumänien wird an Flüchtlinge aus noch ärmeren Gegenden delegiert: angeworbene Arbeiter aus Sri Lanka sollen die Lücken füllen. Dies führt zunächst zu einem Aufschrei und Morddrohungen gegen die Migranten in Facebook-Gruppen, danach zu Boykott-Aufrufen gegen die Firma und eine hitzige Bürgerversammlung.

Diese Versammlung ist das Kernstück des Films: 17 Minuten ohne Schnitt verfolgen wir Rede und Gegenrede dieser Versammlung. Drei Tage lang wiederholte Mungiu den Dreh, bis er endlich zufrieden war, erklärte Maria Dragus, die 2016 in Mungius „Baccalaureat“ (Silberne Palme in Cannes) die Hauptrolle spielte und hier in einer kleinen Nebenrolle mitwirkte, bei der „Around the World in 14 films“-Präsentation von „R.N.M“. Solche Freiräume wären in westlichen Filmindustrien nicht möglich. Dies ist auch der entscheidende Grund, warum der preisgekrönte Regisseur (z.B. Goldene Palme in Cannes 2007 für „4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage“) kosequent nach wie vor nur in seiner Heimat arbeitet.

Auf einer wahren Begebenheit beruht dieses Drama über Rassismus, prekäre Lebensbedingungen und Xenophobie. Nach der hyperrealistischen Versammlungs-Sequenz verrätselt Mungiu sein Werk mit surrealen Motiven und plötzlich auftretenden Bären.

In Cannes ging Mungiu diesmal leer aus, der Film hat aber bereits eine veritable Festival-Karriere hinter sich, bevor er gestern in der Berliner Kulturbrauerei landete. Einen deutschen Verleih hat „R.N.M.“ bislang noch nicht gefunden.

Bild: Why Not Productions

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