Mit viel Adrenalin mischte Lola Quivoron die Cannes-Sektion „Un certain regard“ auf. Ihr Debüt-Film „Rodeo“ ist ein wilder Biker-Ritt. Jugendliche aus den Banlieues entfliehen der Perspektivlosigkeit und liefern sich Duelle mit ihren getunten Maschinen. Mittendrin ist Julia (Julie Ledru), die sich darauf spezialisiert hat, Männern aus der wohlhabenderen Pariser Gesellschaft ihre hochpreisigen Motorräder zu klauen: Sie durchstöbert die Kleinanzeigen, gibt sich mit mädchenhaftem Charme beim Besichtigungstermin betont harmlos und brettert dann bei den erbettelten Testfahrten einfach davon.

Das sind die wenigen Momente, in denen Julia grinst und lacht, wenn sie wieder einen Coup gelandet hat und die Freiheit genießt. Rau geht es in der Vorstadtwelt zu. Domino steuert seine Handlanger aus dem Knast heraus, Julia ist anfangs in der Männerwelt nur geduldet und muss sich ihren Platz erkämpfen.

Bei ihrem Debüt-Film gelingt der jungen französischen Regisseurin, die das Biker-Milieu zuvor schon dokumentarisch beleuchtete und ihre Laien-Hauptdarstellerin auf Instagram fand, ein atmosphärisch dichter Film. Hervorragend gefilmt sind die Stuntszenen und die sich aufbäumenden Maschinen, hier holte sich Quivornon fachkundige Unterstützung von Mathieu Lardot, der schon bei den James Bond- und Jason Bourne-Reihen im Einsatz war.

Schwächen hat „Rodeo“ bei der Charakterzeichnung: die Figuren und ihre Motive bleiben Leerstellen. Besonders rätselhaft bleibt die Hauptfigur, die wortkarge Außenseiterin bleibt. Auch wenn sie mit der eingeschüchterten Frau des Clanchefs eine Freundschaft beginnt, wird kaum greifbar, was Julia fühlt und denkt.

Nach der Cannes-Premiere lief „Rodeo“ in diesem Herbst und Winter beim Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg und auch bei „Around the world in 14 films“, das gestern in der Berliner Kulturbrauerei zu Ende ging. In Frankreich startete „Rodéo“ bereits Anfang September, für Deutschland hat der Verleih Plaion Pictures noch keinen Starttermin bekanntgegeben.

Bild: © CG Cinema

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