Irrlicht

Als „musikalische Fantasie“ bezeichnet der Portugiese João Pedro Rodrigues sein neues Werk „Irrlicht“, das in gar keine Schublade passen will. Eine 67 Minuten kurze Fingerübung voller Anspielungen, Musical-Einlagen und skurriler Einfälle ist dieses Werk, das zwischen den Diskursen um Kolonialismus, Rassismus und den Warnungen vor dem Klimakollaps herumsurft. Rahmenhandlung ist die Erinnerung an seinem Sterbebett an das Aufbegehren des jungen Prinzen Alfredo (Mauro Costa), der den üblichen Pfaden seines Vaters nicht folgen will, sondern beim Essen verkündet: Ich will Feuermann werden.

Dort findet er eine queere Wahlfamilie, die sich neben dem Löschen der Waldbrände, die sich in den heißen Sommern häufen, auf das erotische Reenactment tatsächlicher oder neu erfundener Klassiker der Kunstgeschichte konzentrieren.

Vor allem hat es Alfredo aber der schwarze Afonso (André Cabral) angetan. Sie steigern sich aus einer Erste Hilfe-Übung in Leidenschaft hinein und verhandeln in einem ironischen Ping-Pong das schwierige Verhältnis schwarzer und weißer Körper in postkolonialen Zeiten.

Schon bei der Premiere in Cannes lief „Irrlicht“ nur in einer Nische, der Nebenreihe Quinzaine des Reálisateurs, Salzgeber brachte ihn kurz vor Weihnachten in wenigen Kinos heraus. Eine Lanze für den Film brach Philipp Stadelmeier in seiner SZ-Hymne: für ihn ist es einer der schönsten Filme des Jahres und João Pedro Rodrigues gehöre mit seinem queeren und eklektischen Werk zum Aufregendsten gehört, was das Gegenwartskino zu bieten habe.

Bilder: Salzgeber

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