Blond

Zu einem fast dreistündigen Leidenstrip durch das tragische Leben eines Sexsymbols lädt der australische Regisseur Andrew Dominik sein Netflix-Publikum ein. Der Film wurde zwar zum Teil als Biopic beworben und hangelt sich auch an den sattsam bekannten Eckdaten von Marylin Monroes Biographie entlang: die scheiternden Ehen mit Baseball-Star Joe DiMaggio und Schriftsteller Arthur Miller werden in dieser über weite Strecken in schwarz-weiß gefilmten Albtraum-Studie ebenso kurz angetupft wie ihre berühmten Kino-Erfolge „Niagara“, „Blondinen bevorzugt“, „Das verflixte 7. Jahr“ oder „Manche mögen´s heiß“.

Die Fakten verwebt der Regisseur und Drehbuchautor Dominik mit den Spekulationen, die sich um das Leben des Filmstars ranken: das schwierige Verhätnis zur psychisch labilen Mutter lässt er zu Beginn von „Blond“ in einem Mordversuch eskalieren. Dass Norma Jean Baker alias Marilyn Monroe von ihrer Mutter tatsächlich als ungeliebtes Kind in der Badewanne ertränkt werden sollte, ist ebenso unklar wie die Frage, was sich zwischen dem Star und dem charismatischen Präsidenten John F. Kennedy tatsächlich abspielte. In „Blond“ wird Hauptdarstellerin Ana de Armas, die bereits für einen Golden Globe nominiert ist, wie ein Stück Fleisch von der Security durch die Hotel-Flure gezerrt und vom telefonierenden Präsidenten zum Blow-job genötigt. Dies reiht sich in weitere #metoo- und Vergewaltigungserfahrungen ein: gleich beim ersten Casting fällt Mr. Z über die attraktive Nachwuchs-Schauspielerin her.

Dies ist auch das zentrale Problem des Films: fast drei Stunden von den ersten surreal-verwackelten Bildern des verstörten Kindes bis zur finalen Tabletten-Überdosis eines psychischen Wracks schildert „Blond“ sehr redundant und oft sehr selbstverliebt-prätentiösen Einstellungen die Tragik eines Opfers im Filmbusiness. Dieses wenig facettenreiche Bild wird der historischen Persönlichkeit, die durchaus verstand, Strippen zu ziehen und Chancen zu nutzen, wohl kaum gerecht, wie viele enttäuschte Kritiker nach der „Blond“-Premiere im Wettbewerb von Venedig im September 2022 anmerkten. Ähnlich schilderte aber schon Joyce Carol Oates vor mehr als zwanzig Jahren in ihrem gleichnamigen biographisch-fiktiven Roman die hier gar nicht schillernde Hauptfigur.

Das düstere, von Brad Pitts Plan B koproduzierte Kammerspiel ist seit 28. September 2022 auf Netflix abrufbar.

Bild: Netflix 2022

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert