Valentiniade

Die tragikomischen Gedankenverrenkungen des schlaksigen „Wortzerklauberers“ (Alfred Kerr) reichert Claudia Bauer, Liebling der Theatertreffen-Jurys der vergangenen Jahre, mit viel Slapstick und Körperkomik an. Nach Ernst Jandl und Friederike Mayröcker in ihrer mit Preisen überhäuften Wiener „humanistää“-Inszenierung hat sie sich diesmal das Münchner Original Karl Valentin und seine Partnerin Liesl Karlstadt vorgenommen.

Auf der Bühne des Bayerischen Staatsschauspiels schlüpfen acht Spieler*innen abwechselnd in die Rollen der beiden Säulenheiligen der Münchner Brettl-Szene. Sie treten im klassischen Valentin-Look mit schwarzem Frack und aufgeklebten Nasen auf, den Patricia Talacko später mit bunten Hawaihemden verfremdet. Zu den Swing und Jazz-Tönen eines Live-Musik-Trios unter Leitung von Michael Gumpinger entfaltet sich eine klassische Nummernrevue, angereichert durch kleine Extra-Soli, die der Augsburger Michel Decar im Geist Valentins schrieb. Sein schönster Text der als Aufmacher des Programmhefts dient, schaffte es leider nicht in die Inszenierung.

Die kabarettistische Revue kommt auch erst dann so richtig in Fahrt, wenn sich Bauer, in Landshut geborene Enkelin eines Nervenarztes, den der hypochondrische Valentin auf seiner Odyssee durch die Praxen konsultierte, ein Stück von ihm löst. Das „Klagelied einer Wirtshaussemmel“ wird zum Kabinettstückchen, bei dem Bauer und ihr Ensemble der Spielfreude so freien Lauf lassen, wie das auch in der letzten Wiener Inszenierung in den besten Momenten der Fall war. Das Sahnehäubchen auf dieser Nummer ist, dass sie sich kurz vor Schluss zu einer witzigen Parodie der Regie-Handschrift Ulrich Rasches entwickelt.

Zu den gelungeneren Nummern zählt sicher auch die musikalisch-sprachphilosophische Reflexion über die „Fremden“, ansonsten arbeitet die „Valentiniade. Sportliches Singspiel mit allen Mitteln“ oft brav die Vorlagen ab, so dass sich in den freundlichen Applaus bei der heutigen Vorstellung auch ein Buh mischte.

Auch die Theatertreffen-Jury fand die „Valentiniade“ nicht so überzeugend wie frühere Arbeiten, Stammgast Claudia Bauer kam diesmal nicht über die Shortlist zum tt 2023 hinaus.

Bild: Birgit Hupfeld

 

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