Mit sehr drastischem und derbem Humor treibt der irische Regisseur und Dramatiker Martin McDonagh seine tragikomische Farce auf die Spitze. Auf der fiktiven Insel Inisherin vor der irischen Westküste verhaken sich Pádraic (Colin Farrell) und Colm (Brendan Gleeson) ineinanander, bis abgeschnittene Finger durch die Gegend geschleudert werden, Tiere tot am Boden liegen und Häuser in Flammen aufgehen.

Auslöser ist das Ende einer Freundschaft. Hier lag es nicht daran, dass einer der beiden als Querdenker in Verschwörungstheorien weggedriftet werden. Der Grund ist einfacher: Colm fühlt sich von dem Geplapper und dem einfachen Gemüt seines Pub-Kumpels Pádraic schlicht angeödet. In einer späten Midlife Crisis möchte er sich ganz auf seine Kunst (Folk Music) konzentrieren und ein bleibendes Werk hinterlassen. Mit Mozart vergleicht er sich indirekt.

„The Banshees of Inisherin“ erzählt am Ende weniger vom Zerbrechen der Freundschaft als vielmehr davon, wie sich zwei Menschen verrennen und das Leben gegenseitig zur Hölle machen. Mit dem Zaunpfahl winkt auch der irische Bürgerkrieg des Jahres 1923 herüber: in dem Frühjahr ist der Plot angesiedelt, die Schüsse hallen über das irische Meer, während die Streithähne auf der vorgelagerten Insel ihren Kleinkrieg führen.

Anfang September hatte „The Banshees of Inisherin“ seine Premiere auf den beiden Festivals, die sich in den vergangenen Jahren zur Startrampe fürs Oscar-Rennen entwickelten: in Venedig mit zwei Preisen (Goldene Osella für das beste Drehbuch an Martin McDonagh und Coppa Volpi für den besten Hauptdarsteller an Colin Farrell) und in Toronto. Nach diversen weiteren Festival-Auftritten (z.B. Zürich, Hamburg, Wien) lief „The Banshees of Inisherin“ auch zum Abschluss des Festivals „Around the World in 14 films“ in der Berliner Kulturbrauerei im Dezember. Kurz nach dem Kinostart am 5. Januar 2023 steht die Verleihung der Golden Globes an, in die der Film mit Nominierungen in acht Kategorien als Top-Favorit geht. Immerhin drei Trophäen konnte der Film tatsächlich gewinnen: beste Komödie, Colin Farrell als bester Komödienhauptdarsteller und Martin McDonagh für das beste Drehbuch.

Bei all dem Hype um einen derart drastisch-plakativen Film bleibt festzuhalten, dass das neue Werk weit hinter dem Witz und Charme zurückbleibt, mit dem McDonagh und seine beiden Hauptdarsteller Farrell/Gleeson das Kino-Publikum vor 15 Jahren in der schwarzen Auftragskiller-Komödie „In Bruges/Brügge sehen… und sterben?“ begeisterten.

Bild: Jonathan Hession, Searchlight Pictures © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved

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