Teddy Award 2023

Ganz im Zeichen der Politik stand die 37. Ausgabe des Teddy Awards gestern in der Volksbühne: mit einem Ausschnitt aus „The Great Dictator“ von Charlie Chaplin und einer Schweigeminute zum Jahrestag des Angriffs auf Kiew begann der Abend. Staatsministerin Claudia Roth solidarisierte sich in ihrer gewohnt leidenschaftlich-kämpferischen Rede mit dem Widerstand im Iran, erinnerte ebenfalls an den Krieg in der Ukraine und hielt ein Plädoyer für politisch engagiertes, streitbares Kino.

Weitere politische Zeichen der Solidarität waren die Verleihung des Spezial-Preises an Andriy Khalpakhchi und Bohdan Zhuk, die mit dem „Sunny Bunny“ auf dem Kiewer Molodist Film Festival ein Pendant zum Teddy schufen, noch bevor die A-Festivals in Venedig und Cannes nachzogen. Sasha Prokopenko, Programmerin des Kiew Short Film Festival und eine von sechs Teddy-Juror*innen in diesem Jahr, verlas ein Manifest mit den bekannten Forderungen der Ukraine.

Politisch waren auch die Hauptgewinner des Teddy: Als bester Spielfilm wurde „All the Colours of the World Are Between Black and White“ von Babatunde Apalowo ausgezeichnet: Homosexualität ist in Nigeria ein Tabu. Tunde Apalowo und sein Hauptdarsteller Tope Tedela schildern die Zerrissenheit von Bambino, der sich seine sexuelle Orientierung nur mühsam eingestehen kann. Mit dem Film braucht man etwas Geduld: im ersten Drittel wirkt vieles unfokussiert und sprunghaft, dann erzählen Apolowo und seine Schauspieler ihre Geschichte sehr klar und präzise.

Der Preis für den besten Kurzfilm ging an „Marungka tjalatjunu (Dipped in Black)“ von Matthew Thorne und Derik Lynch. Aborigine Lynch, der den Yankunytjatjara angehört, erzählt in diesem mittellangen Film von der Liebe zu seiner Heimat und von seinen Verletzungen in der Mehrheitsgesellschaft. Künstlerisch gab es in beiden Kategorien interessantere Filme, der Teddy Award ist somit vor allem als politisches Statement und Empowerment für die Künstler*innen zu verstehen. Einen Tag später konnte sich „Marungka tjalatjunu“ auch noch über den Silbernen Bären im Shorts-Wettbewerb freuen.

Noch nicht gesehen habe ich den Dokumentarfilm-Gewinner „Orlando, ma biographie politique“ des Philosophen Paul B. Preciado, der dem HAU eng verbunden ist, und „Silver Haze“ von Sacha Polak, die den Teddy Jury Award gewann.

Die Show-Acts wie z.B. die Akrobatik-Einlagen von Tim Kriegler, der gemeinsam mit Aya auftrat, rückten diesmal in den Hintergrund.

Bild: Polymath Pictures

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