Der Bus nach Dachau

Als „Ein 21st Century Erinnerungsstück“ kündigt die niederländische Off-Theater-Gruppe De Warme Winkel (Vincent Rietveld und Ward Weemhoff) ihre Stückentwicklung „Der Bus nach Dachau“ an, die sie in Kooperation mit dem Schauspielhaus Bochum und dem ITA Amsterdam erarbeiteten.

Ausgangspunkt des Abends ist ein nie verfilmtes Drehbuch von Ward Weemhoffs Vater über die Befreiung des KZ Dachau und das Schicksal niederländischer Häftlinge aus dem Jahr 1993. Das ist bekanntlich das Jahr, in dem das Oscar-prämierte Holocaust-Epos „Schindlers Liste“ von Steven Spielberg erschien. Immer wieder rekurriert die Theaterarbeit auf den Hollywood-Film, an dem Spielberg unmittelbar nach seinem Dinosaurier-Spektakel „Jurassic Park“ arbeitete.

Nach einem längeren Intro, bei der einige Zuschauer*innen auf Klappstühlen eine Frontal-Lecture über die Hintergründe des Abends vermittelt bekommen, bedient sich das Ensemble aus dem üblichen Werkzeugkasten von Freie Szene-Arbeiten. Auf karg ausgestatteter Bühne und mit viel Video-Einsatz kreist das deutsch-niederländische Team um Ansätze, wie man heute vom Grauen des Holocaust erzählen kann.

In den 90 Minuten wird manches ausprobiert und angetestet. Die Bochumer Ensemble-Mitglieder Marius Huth, Lukas von der Lühe und Mercy Dorcas Otieno geben Karikaturen, die sich darüber beschweren, dass ihnen die Spieler*innen aus dem Nachbarland „ihren Holocaust wegnehmen“. Tastend kratzt der Abend an der Oberfläche und taucht nicht tiefer in das verminte Gelände ein.

Überraschend wurde „Der Bus nach Dachau“ als Freie Szene/Stadttheater-Koproduktion zum Theatertreffen 2023 eingeladen. Der Trend zu diskursiven Stückentwicklung ist jedoch weniger stark als in vergangenen Jahren, aus der aktuellen 10er-Auswahl fällt nur dieser Abend in dieses Genre.

Bild: © Isabel Machado Rios

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert