Romeo und Julia – Liebe ist alles

Der Sound für diese Shakespeare-Adaption ist unverkennbar: der Deutsch-Pop von Rosenstolz dominiert die zweite Inszenierung von Peter Plate und Ulf Leo Sommer im Theater des Westens. Nach ihrem Überraschungserfolg „Ku´damm 56“, der mit Musik-Stilen jonglierte und einige Ohrwürmer enthielt, wirkt der neue Abend etwas eintöniger.

Der Plot folgt der Shakespeare-Vorlage, nimmt das allseits bekannte, tragische Ende des Liebespaares allerdings gleich schon in der ersten Szene vorweg und setzt einen queeren Akzent mit der Figur des Mercutio, der ebenfalls in Romeo verliebt ist. Wie eine P14-Produktion der Volksbühne greift damit auch dieses Musical einen Debattenstrang in der Shakespeare-Rezeption auf, die seit längerem rätselt, ob es sich bei Benvolio und Mercutio um ein homosexuelles Paar handelt.

Bild des Romeo-Darstellers Paul Csitkovics: Stefan Graefe

Die stärksten Akzente setzt an diesem Abend jedoch eine Figur, die bei Shakespeare gar nicht vorkommt: der Countertenor Nils Wanderer spielt den Todesengel, eine traumverloren-düstere Gestalt, die sichtlich an Klaus Nomi erinnert, wie Peter Zander in der Berliner Morgenpost schrieb. Die Idealbesetzung des jugendlichen, dunkelgelockten Liebhabers verkörpert Paul Csitkovics, der in den Balkon-Szenen in Verona sein akrobatisches Klimmzug-Talent demonstriert. Für die komödiantischen Akzente in diesem Musical ist Steffi Irmen als Amme zuständig.

Auch die neue Plate/Sommer-Produktion wird sicher ihr Publikum bei Touristen und Einheimischen finden. Wie so oft ist der zweite Anlauf nach einem Überraschungs-Coup aber nicht mehr ganz so  charmant und mitreißend wie die 50er Jahre-Revue, die sich viel länger als geplant seit Herbst 2021 auf dem Spielplan im Theater des Westens hielt.

Vorschaubild: Jörn Hartmann

 

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