Joy 2022

In neun Tableaus tauschen die Performer*innen dieses Abends Zärtlichkeiten: mal zu zweit, mal in großer Runde streicheln sie sich, massieren sich gegenseitig, reiben sich aneinander oder wälzen sich engumschlungen über die Bühne. Sehr divers ist der Cast zusammengesetzt aus drei Frauen aus dem Ensemble der Münchner Kammerspiele (Jelena Kuljić, Edith Saldanha und Lucy Wilke) sowie Gästen, die ihre sexpositive Einstellung verbindet. Das reicht von Tänzern wie Konstantin Kloppe bis zur Sexarbeiterin Maia Ceres, die sehr selbstbewusst zu ihrer Berufswahl steht.

Die kleinen Szenen sind von Choreographien wie Vaslav Nijinskys Balletts „L’Après-midi d’un faune“ von 1912, Opern-Kompositionen wie Erwin Schulhoffs Orgasmus-Stück von 1919 oder Performances wie „Meat Joy“ von Carole Schneeman aus New York 1964, die zu ihrer Entstehungszeit als zu freizügig für Empörung sorgten.

Konstantin Kloppe, Kamill Lippa

Für kulturhistorische Seminararbeiten ist dieser lose aneinandergereihte Bilderbogen von Performances und Choreographien, die in früheren Jahrzehnten für Skandale sorgten, eine Fundgrube. Aber im Jahr 2022, als diese Koproduktion von Wiener Festwochen und Münchner Kammerspielen Premiere hatte, ist keine dieser Szenen mehr ein Aufreger. Szene für Szene plätschert der 80 Minuten kurze Abend vor sich hin.

Interessant wird es, als sich zum Schluss alle Akteur*innen an der Rampe kurz vorstellen und ihre Sicht auf die Themen Sexualität und Lust skizzieren. Doch es bleibt bei kurzen Statements. Statt einer weiteren Vertiefung folgt schon der Schlussapplaus. Dieser „Joy 2022“-Abend bricht nach dem Vorspiel ab.

Bilder: Judith Buss

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert