Die Affäre Rue de Lourcine

Als Live-Video aus dem Keller unter der Residenztheater-Bühne erleben wir den Showdown von Lenglumé (Thomas Lettow) und Mistingue (Michael Wächter). Nach durchzechter Nacht und Filmriss sind sie nach einer Zeitungsschlagzeile überzeugt, dass sie einen Mord begangen haben und die Polizei ihnen bereits auf den Fersen.

Wie am Fließband produzierte Eugène Labiche im Paris des 19. Jahrhunderts Boulevardkomödien. „Die Affäre Rue de Lourcine“ ist sein wohl bekanntestes Stück und findet sich dank des perfekt abschnurrenden Plots bis heute regelmäßig auf den Spielplänen großer Häuser.

Für das Residenztheater hat in dieser Spielzeit András Dömötör die Edelboulevard-Farce inszeniert. Die beiden Hauptdarsteller spielen sich gekonnt die Bälle zu, tatsächlich scheinen alle Indizien gegen sie zu sprechen. Mit kleinen Slapstick-Einlagen wie dem langwierigen Versuch, eine Hose anzuziehen, reichern Lettow/Wächter den Plot an.

Lenglumés Frau Norine ist in der Dömötör-Inszenierung sehr damit beschäftigt, die Fassade zu wahren. In den Auseinandersetzungen mit der Haushälterin Justine (Barbara Horvath) muss sie sich immer wieder auf die Zunge beißen oder zurückrudern, wenn ihr wieder abwertende oder klassistische Formulierungen herausrutschten. Im Gorki-Stil tritt Mareike Beykirch am Ende aus ihrer Rolle: die Spieler*innen sprechen sich mit ihren echten Namen an, sie beklagt sich über das Frauenbild des Stücks und die Tatsache, dass ein Femizid im Zentrum einer Komödie steht. Für Horvaths Justine hat sich das Regie-Team einen Running-gag ausgedacht: zur Seite gesprochene bissige Bemerkungen auf Ungarisch werden per Übertitel fürs Publikum übersetzt, worauf Beykirchs Norine immer wieder ganz begeistert hinweist.

Mit diesen kleinen Zutaten und Ergänzungen wird der bewährte Klassiker in kompakten 80 Minuten serviert.

Bild: Sandra Then

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