Bevor Christian Spuck seine Intendanz beim Staatsballett in der nächsten Spielzeit antreten und eine „Bovary“-Neuinszenierung zeigen wird, stellt er sich dem Berliner Publikum bereits mit einem wuchtigen Gesamtkunstwerk vor: seine Zürcher „Messa da Requiem“ (2016), wo er aktuell noch Ballett-Direktor ist, hat er mit dem kompletten Ballett-Ensemble und dem Rundfunkchor neu einstudiert.
Menschentrauben ballen sich auf Christian Schmidts karger Bühne, Martin Gebhardts düstere Lichtregie verstärkt diesen Eindruck von Enge und Beklommenheit. Im Zentrum des 90minütigen Abends steht ganz klar Giuseppe Verdis meisterhafte Komposition. Das „Dies irae“ donnert fulminant, auch sonst gönnt die Komposition den Sänger*innen und Tänzer*innen kaum eine Atempause.
Tänzerisch beeindruckt vor allem das fast ständige Fließen und Wogen der Menschenmassen auf der Bühne. Chor und Ballett-Ensemble formieren sich meist zu Gruppenszenen, durch die Spuck seine Bewegungsmuster wellenartig mit für diesen Abend charakteristischen ausladenden, expressiven Arm- und Handbewegungen hindurchrauschen. Für wenige Soli und häufigere Duette, die meist in klassische Hebeszenen der Partnerinnen münden, schälen sich Tänzer*innen aus dem Pulk, in den sie zurückkehren.
Begeisterten Applaus erntete die Arbeit des designierten Intendanten auch nach der zweiten Vorstellung gestern Abend, die für den Neustart nach dem plötzlichen Abgang von Johann Ekman/Sasha Waltz und dem anschließenden durch die Pandemie zusätzlich erschwerten Interim viel erhoffen lässt.
Bilder: Serghei Gherciu