Forever Yin Forever Young

Für die letzte größere Premiere der 12jährigen Intendanz von Ulrich Khuon haben Jo Schramm und Daniela Selig ein bis ins kleinste Detail ausgefeiltes Ausstattungsfest auf die Kammerspiel-Bühne des Deutschen Theaters gezaubert. Ein Kreuzberger Hinterhof mit Späti und Biertischen ist das Grundsetting, auf der Rückseite ist aber auch eine glamouröse Showtreppe eingebaut, fein beobachtet sind auch die verschiedenen Entwicklungsstufen der Gentrifizierung des Bezirks: häufig verwandelt sich das Bühnenbild, von der Sponti-Mauernischen-Bohème bis zu Hipstern mit ihren Co-Work-Spaces und der „Urban Coffee Roastery“ wird das Kreuzberger Biotop sehr genau ausgeleuchtet. Auch beim dritten oder vierten Besuch wird man wohl noch neue Details entdecken, z.B. das unauffällige Okapi-Poster, auf das Falk Schreiber in seiner Nachtkritik aufmerksam gemacht hat. Endlich mal wieder ein Auftritt für das Okapi am DT seit den lange zurückliegenden Quiz it-Nächten von Timo Dierkes.

Auch die häufigen Kostümwechsel von Hausmeister-Kluft und Eckkneipen-Look, in dem Maren Eggert und Ole Lagerpusch erst auf den zweiten Blick zu erkennen sind, bis hin zu opulenter Abendgaroder sind eine Augenweide. Lohnt sich der Aufwand für nur wenige Vorstellungen bis Spielzeit-Ende, mögen sich viele bei der Premiere Ende März gefragt haben. Die neue Intendantin Iris Laufenberg hat mittlerweile bekanntgegeben, dass „Forever Yin Forever Young“ zu den Inszenierungen gehört, die weiter im Repertoire bleiben. Diese Revue scheint tatsächlich gut in ihr Konzept zu passen: statt monumentaler Dramen und wuchtiger Regiehandschriften von Sebastian Hartmann und Ulrich Rasche dominieren bei ihr die komödiantischen, kleineren Formen, gerne mit Ausflügen ins Skurrile bis Dadaistische.

Wie die DT-Spieler*innen in der ersten Hälfte an ihren Biertischen sitzen und die von einer dreiköpfigen Live-Band neu arrangierten Songs des Kreuzberger Liedermachers mit kleinen Spielszenen mixen, ist ganz hübsche Sommerunterhaltung. Die eingefleischten Fans singen mit leuchtenden Augen mit, aber so richtig springt der Funke in der ersten Hälfte noch nicht über. Nette Songs mit einer Prise Kauzigkeit und Antikapitalismus lassen sich an einem Sommerabend ganz gut konsumieren, war der Tenor am Getränke-Kiosk.

Auf Betriebstemperatur kommt der Abend in der zweiten Hälfte: in hoher Schlagzahl haut das Sextett eine tolle Nummer nach der anderen raus. Langer Szenenapplaus folgt auf das „Freundinnen müsste man sein“-Trio Felix Goeser/Ole Lagerpusch/Jörg Pose, oder den wunderbar-komischen Auftritt der sechsfachen Nana Mouskouri, der van Dannen 2010 eine Hymne widmete. Am Ende hielt es Sophie Rois nicht mehr auf ihrem Sitz. Sie sprang nach vorne und heizte mit ihrem Jubel während der Zugabe des Titelsongs die Stimmung weiter an. Mit ihrer Begeisterung beschallte sie später auch noch den DT-Vorplatz: für eine stimmgewaltige Volksbühnen-Diva natürlich eine der leichteren Übungen.

Bilder: Arno Declair

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