Julia Francks Historienroman „Die Mittagsfrau“ war einer der ersten Gewinner des Deutschen Buchpreises: 2007 wurde sie ausgezeichnet, bei der dritten Verleihung während der Buchmesse in der Mainkloake.
Lange hat es gedauert, bis dieser Stoff verfilmt wurde, obwohl er doch vieles hat, was ihn dafür prädestiniert: eine Hauptfigur, die in ihrem Dilemma eine verstörende Entscheidung trifft, thematisch kreist der Film um schuldhafte Verstrickung und die Traumata deutscher Geschichte.
„Die Mittagsfrau“-Adaption von Barbara Albert wird vor allem von Mala Emde getragen, der wir bei der Entwicklung ihrer Hauptfigur Helene entlang der Romanstationen folgen. Als ehrgeizige, junge Frau tanzt sie auf den Partys im Berlin der 1920er Jahre, verliebt sich in den jüdischen Literaturwissenschaftler Karl (Thomas Prenn), der noch vor der NS-Gewaltherrschaft stirbt. Da auch Helene eine jüdische Mutter hat, werden ihre Spielräume immer enger. Ohne „Ariernachweis“ kann sie nicht weiter im Krankenhaus arbeiten und ist auch sonst ihre Existenz bedroht. Zögernd willigt sie ein, den Soldaten Wilhelm (Max von der Groeben) zu heiraten, der ihr eine falsche Identität verschafft, dessen Liebe sie aber nicht erwidert. Als Hausfrau und junge Mutter eines ungewollten Kindes fühlt sie sich eingesperrt und verzweifelt.
Als Wilhelm sie mit dem Kind allein zurücklässt, fasst Helene den Entschluss, ihren ungeliebten Sohn Peter einfach an einem Bahnhof allein zurückzulassen. Die Wiederbegegnung auf einem Bauernhof, auf dem Peter untergekommen ist, bildet die Rahmenhandlung des Films, der seine Geschichte in Rückblenden erzählt.
Die stärksten Momente hat „Die Mittagsfrau“-Verfilmung, wenn sie sich ganz auf das Gefühlsleben und die Verzweiflung ihrer Hauptfigur konzentriert. Dann wächst sie über eine der vielen, vom TV koproduzierten Roman-Adaptionen und Historien-Dramen über den Untergang Weimars und die Schrecken der NS-Zeit hinaus. Etwas zu beflissen hakt der Film alle Motive seiner Romanvorlage ab und ufert so auf 142 Minuten aus.
„Die Mittagsfrau“ startete am 28. September 2023 im Kino.
Bilder: © 2023 – Wild Bunch Germany, Lucky Bird Pictures / Foto: Nick von Nostitz