Blaga´s Lessons

Eines der Highlights beim Filmfest Hamburg ist das beklemmende bulgarische Drama „Blaga´s Lessons“. Die Hauptfigur Blaga (Eli Skorcheva) ist eine 70jährige Lehrerin, die gerade zur Witwe wurde. Für ihren Mann und sich möchte sie ein schönes Grab einrichten lassen, gerät dabei jedoch an einen windigen Geschäftemacher, der mit immer neuen Ausreden, angeblichen Gegenangeboten und Drohungen zusätzliche Aufschläge zur ohnehin schon üppigen Summe aushandelt.

So läuft die Marktwirtschaft eben, sagt er immer wieder achselzuckend und grinsend. In diesem Turbokapitalismus muss sich die alte Frau erst mühsam zurecht finden. Noch unter dem Schock des Todesfalls gerät sie an Telefonbetrüger, die sie mit verteilten Rollen und als angebliche  Kriminalpolizisten getarnt, dazu bringen, ihr gesamtes Erspartes buchstäblich aus dem Fenster zu werfen.

Die Kamera bleibt ganz nah am traurigen Gesicht der Protagonistin, in dem ein langes Arbeitsleben seine Spuren hinterlassen hat. Wir erleben mit, wie es in ihr arbeitet, wie sie immer neue Auswege und Lösungen suchen muss, um sich aus dem Strudel von Gier, Korruption, Willkür und Kriminnalität freizustrampeln.

Blaga ist eigentlich eine durchsetzungsstarke Person, die mit beiden Beinen in ihrem alten Leben stand. Als „Intellektuelle aus der Oberschicht“, wie sie ihr Sohn beschimpft, der als LKW-Fahrer im westlichen Ausland arbeitet, war sie eine Lehrerin, die stets gerecht, aber sehr streng ist. Einer Frau aus einem osteuropäischen Bürgerkriegsland gibt sie Privat-Unterricht, damit sie den Sprachtest für die begehrte Einbürgerung in das EU-Mitgliedsland Bulgarien mit entsprechender Reisefreiheit besteht. So stoisch wie sie jeden Grammatikfehler korrigiert, verbessert sie auch alle Fehler ihrer anderen Gesprächspartner von der Polizei bis zum Betrugsring, dem sie sich als Kurierin andient. Diese deformation professionelle der Lehrerin im Ruhestand, deren Rente nicht ausreicht, ist einer der Running gags, die dieses tiefschwarze Sozialdrama aufhellen.

Regisseur Stephan Komandarev und seinem Co-Drehbuchautor Simeon Ventsislavov gelang ein sehr sehenswerter Film, der schon bei der Premiere beim Filmfestival in Karlovy Vary den Hauptpreis gewann, seine Deutschlandpremiere beim Filmfest Hamburg feiert und für Bulgarien ins Oscar-Rennen gehen wird.

Der Kinostart ist für 25. Januar 2024 angekündigt.

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