Was für eine Leistung! Völlig ohne Hilfe der Souffleuse performen Bernd Moss und Regine Zimmermann gemeinsam „Der geflügelte Froschgott“ in einem atemberaubenden Tempo. Ingrid Lausund, nicht nur als Theater-, sondern auch als Drehbuchautorin der TV-Comedy „Tatortreiniger“ bekannt, schrieb ein unscheinbares kleines Stück, das als Monolog konzipiert ist.
Der österreichische Regisseur FX Mayr, dessen Arbeiten schon mehrfach im Rahmen der Autorentheatertage am DT Berlin zu sehen waren, vertraut die religionsphilosophische Tragikomödie „Der geflügelte Froschgott“ diesem bewährten Duo Moss/Zimmermann an. In froschgrünen Kostümen von Korbinian Schmidt denken sie darüber nach, was wohl nach dem Tod kommen wird und welches spirituelle Angebot wohl die wahre Religion ist.
„Angenommen mal“ zieht sich als leitmotivische Formulierung durch ihre gedanklichen Pirouetten. Ebenso kenntnisreich wie pointiert pflügt dieser kleine Text durch die Besonderheiten der Weltreligionen und vieler kleiner Kulte wie z.B. dem um den titelgebenden Froschgott. Sie grübeln, räsonieren, verwerfen und dies alles in dem schon beschriebenen rasanten Tempo.
Kurze Atempausen erhalten sie nur bei den Tanzeinlagen, für die FX Mayr ein Quartett (Johanna Baader, freie Schauspielerin, die regelmäßig in Österreich mit ihm arbeitet; Lisa Birke Balzer, die in Iris Laufenbergs Grazer Ensemble war und nun regelmäßig gastiert; Volksbühnen-Veteran Jean Chaize aus Kresnik-, Schlingensief- und Castorf-Arbeiten, der zuletzt auch mit She She Pop arbeitete; Diane Kimbonen, die auch in der Junges DT-Produktion „Nathan“ zu sehen ist) zu skurrilen Verrenkungen bittet. Diese kleinen Intermezzi fallen deutlich ab und wirken überflüssig.
Eigentlich wäre nach knapp einer Stunde Schluss, aber Mayr hatte noch einen weiteren Gag auf Lager und bittet das Publikum zu Freibier und Brezen auf der Bühne: Durch die Partystimmung geistert eine Spielerin als personifizierter Tod.
Während die Zuschauer noch mit ihren Bechern auf der Bühne stehen, setzen Moss/Zimmermann schließlich zum Finale an. Zimmermann rechnet mit der Drohbotschaft ab, die viele Religionen auszeichnet. „Schieb dir deine Hölle in den Arsch!!“, faucht sie Gott an.
Welche nun die wahre Religion ist, kann auch diese Diskurskomödie nicht klären. „Der geflügelte Froschgott“ ist aber auf jeden Fall ein unterhaltsamer Abend, der noch stärker wäre, wenn der Regisseur ganz auf den Text und sein zentrales Duo vertraut hätte.
Die Autorin Ingrid Lausund meldete sich mit einem interessanten schriftlichen Statement zu Wort, wie sie selbst ihre Arbeit sieht: „Es gibt ein Missverständnis über meine Theatertexte: dass sie von mir gedacht sind als schrill-amüsante Gegenwartskommentare. Man kann die Texte so benutzen, darf es auch, ist einfach nur das Gegenteil von ihrem Wesenskern. Ich schreibe nicht auf Witz oder Pointe. Ich versuche etwas so genau wie möglich zu zu durchdenken und zu beschreiben. Je besser und konsequenter mir das gelingt, umso komischer wird es. Das liegt in der Natur der Sache. (…) Der geflügelte Froschgott ist ein Monolog, der sich mit den letzten Fragen im Angesicht des Todes auseinandersetzt. Mir ist jede Art von Umsetzung recht, die den aufrichtigen Versuch wagt, sich auf eine Echtwelt zu beziehen, in der Religion nach wie vor -und nicht erst seit 16 Tagen- Flächenbrände entfacht.“
Bilder: Thomas Aurin
Beatrix von Pilgrim
Frau Lausund hat recht. Unbegreiflich, dass ein Theaterabend dieses überflüssige Tanzeinlagen-Lametta zu brauchen glaubt, anstatt auf den Ernst des Themas zu vertrauen. Comedy ist in dem Fall die falsche Assoziation. Und wozu auch solch eine flache Schublade? Wenn intelligentes Denken manchmal in komischer Tragik endet, ist das kein Zeichen vermeintlicher „Kleinheit“ eines Theaterabends.