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Ein Star der internationalen Choreographen-Szene gastiert erstmals in Berlin: Dimitris Papaioannou sorgt für drei ausverkaufte Vorstellungen im Haus der Berliner Festspiele und beschert der neuen Performing Arts Season einen Kassenerfolg und bildstarke Tableaus.

Natürlich gelingen Papaioannou und seinem Lieblingstänzer Šuka Horn eindrucksvolle Szenen bei ihrem Paar-Duett. Das Machtgefälle ist von Beginn an klar: Papaioannou bleibt angezogen und ist in bedrohliches Schwarz gekleidet, er hat den Zugriff auf die Sprinkleranlagen, mit denen er die Bühne nach Belieben wässert oder den Strahl abstellt. Nach einigen Minuten kriecht Horn herein, splitternackt  zusammengekrümmt unter einer transparenten Plastik-Plane.

Mit Schlägen und Tritten malträtiert Papaioannou seinen Tänzer. Die stilisierte brutale Gewalt weicht der Andeutung zärtlicherer Szenen, z.B. wenn Horn seine Athletik in einem Handstand über seinem Master/Choreographen und sich langsam auf den unter ihm Liegenden fallen lässt. Schließlich kippt das Machtgefälle: aus lauernder Position schlägt Horn zurück, rächt sich und unterwirft seinen ehemaligen Peiniger. Irritierend ist, dass er auch in diesen Szenen manchmal mit so grobschlächtigen Affen-Posen agiert, wie wir sie in Ruben Östlunds Kino-Farce The Square gesehen haben.

Papaioannou/Horn performen eine einstündige Fetisch-Phantasie, in der ein älterer Mann seine Lust auf den jungen, muskulösen, wesentlich attraktiveren Sub konsequent auslebt. Der dramaturgische Spannungsbogen bleibt blass, im Mittelteil hängt die Choreographie mehrfach durch und plätschert dahin wie das Wasser aus der Sprinkleranlage. Kitschig wirken die Babypuppe, die plötzlich auftaucht und Papaioannou an seiner Brust säugt und die vom Tonband kommende Musik von Teodor Currentzis/musicAeterna.

Erschwerend kam hinzu, dass die Sicht aus den hinteren Reihen auf dieses recht intime, sich vor allem in den Unterwerfungsszenen zwangsläufig am Boden abspielende Stück in manchen Szenen mehr zu erahnen als zu sehen und zu erleben ist.

Bilder: Julian Mommert

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