Hate me, tender – Revisited

Fast ohne Worte kommt Teresa Vittucci während der ersten Hälfte ihres Solo „Hate me, tender – Revisited“ aus. Nackt liegt sie unter einem rosa Schleier, richtet sich langsam auf und wirft sich immer wieder in neue Posen.

Der Zusatz „Revisited“ verrät es schon: bei dieser Solo-Performance, die am 14. Oktober 2023 ins Repertoire der Box des Deutschen Theaters Berlin übernommen wurde, handelt es sich um die neue Fassung eines schon mehrere Jahre alten Stücks, das Vittucci im Rahmen ihres Studiums entwickelt hat und beim Premio Nachwuchspreis der Schweizer Hochschulen 2018 einen zweiten Platz belegte.

In den folgenden Jahren bis zu den Corona-Lockdowns tourte das Stück durch die Freie Szene, war zum Impulse Festival nach NRW und zu ImPulsTanz nach Wien eingeladen, gewann den Swiss Dance Awatd und gastierte 2019 auch schon bei der „Queer Darlings“-Reihe in den Sophiensaelen.

Dort passte es auch sehr gut in das ästhetische Konzept von Franziska Werners im Sommer zu Ende gegangener Intendanz: Selbstbewusst setzt Vittucci ihren gesamten Körper ein, der, wie sie in Interviews betonte, dem Idealbild einer Tänzerin nicht so recht entsprechen will. Im Lauf der 75 Minuten steigt der Wortanteil, mal im Plauderton einer Stand up-Comedian, mal im Studien zitierenden Lecture-Tonfall.

Das Hymen, das bis heute in patriarchalen Gesellschaften für „Jungfräulichkeitstests“ missbraucht wird und vielen jungen Frauen dort große Schmerzen verursacht, wenn es vor der Ehe zugenäht wird, steht im Zentrum des Schlussdrittels ihrer Performance. Vittucci erklärt die veralteten, ideologischen Ansichten, die dahinter stecken. Den Bogen zur Jungfrau Maria, über den das Programmheft reflektiert, deutet Vittucci an, bevor der Abend mit banalen Mitmach-Aktionen der ersten Reihe endet.

Es ist ein programmatisches Statement der neuen Intendantin Iris Laufenberg, dass sie eine feministische Performance aus der Freien Szene in die Box holt: nach ungewöhnlich vielen Übernahmen aus dem Repertoire ihres Vorgängers Uli Khuon setzt sie damit eigene Akzente. Allerdings gibt es aus diesem Spektrum wesentlich interessantere Arbeiten als dieses Solo, das dramaturgisch auch in der „Revisited“-Version noch zu sehr wie eine unfertige Hochschul-Produktion wirkt.

Bild: © Lukas Beyeler 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert