Dornröschen

Eine der wenigen Inszenierungen, die der neue Staatsballett-Intendant Christian Spuck von seinen Vorgänger*innen übernimmt, ist die opulente „Dornröschen“-Choreographie, die nach mehreren, zum Teil Corona geschuldeten Verschiebungen im Mai 2022 an der Deutschen Oper Berlin zur Premiere kam.

Der mehr als dreistündige Abend ist ein Ausstattungsfest, bei dem sich Jordi Roig austoben durfte. Die Massenszenen des Corps des Balletts und der Schüler*innen der Staatlichen Ballettschule Berlin schwelgen in Plüsch, Samt und Seide. Betont warme Farben prägen die Welt am Hof von Prinzessin Auroras Eltern und auch bei den Auftritten der guten Feen, die sie begleiten. Ganz in Schwarz ist dagegen die Carabosse gehalten. Diese Rolle tanzt bei der Wiederaufnahme in der neuen Spielzeit Alexei Orlenco.

Bei der Rolle der Carabosse setzte auch Tanz-Legende Marcia Haydée die wesentlichen Akzente. Mit der klassischen Vorlage von Marius Petipa ging sie sehr behutsam um, wertete ihre Rolle jedoch auf und ließ ihren Darsteller nicht nur bedrohlich um die Ecke lugen, sondern auch tanzen und wirbeln. Diese Entscheidung traf Haydée schon 1987, als sie ihre „Dornröschen“-Version in ihrer Zeit als Direktorin des Stuttgarter Balletts kreierte, und behielt sie bei, als sie sie 2022 mit dem Berliner Ensemble einstudierte.

Das „Dornröschen“ ist vor allem ein Fest für Fans dieser großen, alten Dame des Tanzes, die es sich auch nicht nehmen ließ, zur Wiederaufnahme anzureisen und sich beim Schlussapplaus feiern zu lassen. Das Programmheft ist voller kleiner persönlicher Erinnerungen und Anekdoten, wie sie dieser Märchen-Ballett-Klassiker ein Leben lang begleitete.

Obwohl der Abend mehr als drei Stunden dauert und sich somit fast bis 23 Uhr zog, verfolgten ihn auch viele der anwesenden Kinder bis zum Ende sehr konzentriert. Dieses „Dornröschen“ ist also nicht nur für Traditionalisten und Nostalgiker, sondern auch ein Familien-Vorweihnachts-Programm. Wie schon Tagesspiegel und Berliner Zeitung nach der Premiere vor einem Jahr bemängelten, plätschern manche Intermezzi und Feier-Szenen allzu ausladend vor sich hin. An diesen Stellen wirkt das „Dornröschen“ dann etwas redundant und überlang.

Bild: Yan Revazov

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