Mass for Yugoslavia

Mit brachialem Theater, das sein Publikum verstören wollte und auch vor ekligen Szenen nicht zurückschreckte, machte sich der kroatische Regisseur Oliver Frljić vor einem Jahrzehnt einen Namen. Aus dieser früheren Schaffensphase stammt auch „Mass for Yugoslavia“, das an drei Abenden beim Gorki-Herbstsalon „Lost – You go Slavia“ auf der Studiobühne gastiert.

Als Mix aus Liederabend und Performance lässt sich der eine Stunde kurze Abend beschreiben. Das Ensemble singt Partisanen-Lieder wie „Bella Ciao“ oder eine Cover-Version von Nirvanas „Entertain us“, dazwischen formieren sie sich zu ritualisierten Spielen, stopfen sich große Mengen Würfelzucker in den Mund und versuchen, unter enormem Speichelfluß weiterzusingen, beschmieren die Landkarte des in den 1990er Jahren in blutigen Bürgerkriegen zerfallenen Jugoslawien mit Obst oder urinieren darauf.

Manche Anspielung mag in dieser 2015 als Koproduktion von Theatern aus Ljubljana, Rijeka, Belgrad und Skopje entstandenen Arbeit versteckt und nur für ein Publikum zu entschlüsseln sein, das mit den kulturellen und historischen Hintergründen vor Ort sehr vertraut ist. Als „theatrale Exhumierung des Leichnams der jugoslawischen Kultur und eine Verkörperung ihrer verschiedenen Geister“ wurde „Mass for Yugoslavia“ beschrieben. Wiederkehrende Motive sind neben viel Kunstblut die Brautkleider, die am Ende alle Spieler*innen tragen, und Stalin-Masken, hinter denen sie sich in einer zentralen Szene verbergen.

Frljićs neuere Arbeiten sind meist ruhiger und subtiler als diese Gastspiel-Inszenierung. Als Shermin Langhoffs künstlerischer Co-Leiter am Gorki Theater war er maßgeblich an der Konzeption des Herbstsalons „Lost – You Go Slavia“ beteiligt.

Bild: Nejc Saje

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