Mit charmant-skurrilen Kinokomödien wie „Ich fühl mich Disco“ (2013) wurde der Regisseur Axel Ranisch bekannt. Nach einigen Ausflügen in die Oper tastete er sich nun auch erstmals ans Theater heran.
Berliner Ensemble-Intendant Oliver Reese überließ ihm für sein Debüt zwar nur die kleine Bühne im Neuen Haus, aber eine ungewöhnlich prominente Besetzung mit Stars des Hauses wie Stefanie Reinsperger, Kathleen Morgeneyer und Constanze Becker.
Gemeinsam mit seinem Mann Paul Zacher schuf Ranisch eine Dramödie, in die er so ziemlich alles an Problemen reinpackt, worunter Familien leiden können: von Überschuldung, zu hohen Mieten und Wohnungsnot bis Demenz, bipolarer Störung und Suizid-Versuchen reicht der thematische Bogen in diesen Miniaturen auf der karg ausgestatteten Bühne.
„Mutti, was machst Du da?“ ächzt unter dieser Überfülle an Themen und leidet auch darunter, dass dem Debütanten Ranisch bei der Inszenierung seines ersten eigenen Stücks noch das Gespür für die notwendige szenische Verdichtung fehlt. In den besten Passagen gelingen ihm jedoch traurige, kleine Momente, in denen man fast eine Stecknadel fallen hören könnte. „Mir kamen ein paar Mal die Tränen“, seufzte eine Premierenbesucherin auf dem Weg aus dem Theater.
Im Zentrum des Abends über Lichtenberger Familien steht eine erste, homosexuelle Liebe voller Hindernisse: Stefanie Reinsperger spielt den Musikwissenschafts-Student Anton als unbeholfen, überforderten jungen Mann, der sich ausgerechnet in den bipolaren ehemaligen Klassenkameraden Pepe (Max Gindorff) verguckt, dem die Schulden so sehr über den Kopf wachsen, dass er kriminelle Auswege wie Drogen- und Tablettenhandel versucht. Die zarte Annäherung der beiden und die Verzweiflung der Reinsperger-Figur gehören zu den besseren, berührenden Momenten dieses Abends.
Für kleine komische Auflockerungen der Moll-Grundstimmung sorgen die heiteren Musical-Einlagen: dann tanzen zwischendurch Gindorff/Reinsperger mit Tilo Nest als demente Großmutter ein „Trio infernale“ oder Constanze Becker begleitet Nests Klavierkonzert mit ihrer Blockflöte. Das ganze Geschehen kommentiert Pepes Hund Blümchen (Jonathan Kempf).
„Da steckt ganz viel Liebe drin“, schrieb Max Gindorff kurz vor der Premiere auf Instagram. Das ist den knapp zwei Stunden auch anzumerken. In den besten Momenten wird „Mutti, was machst Du da?“ zum atmosphärisch dichten Kammerspiel über unglückliche Familien. Dazwischen gibt es aber noch zu viele Szenen, in denen zu spüren ist, dass die Theaterbühne noch fremdes Terrain für Ranisch ist und bei denen die eine oder andere Streichung und Verdichtung wünschenswert wäre.
Bilder: Jörg Brüggemann