Zu den ärgerlichsten Filmen des zu Ende gehenden Filmjahres 2023 zählt das rührselige, auf Oscars und das Netflix-Weihnachtsgeschäft zielende Biopic „Maestro“ über Leonard Bernstein. Wieder einmal bestätigt sich die Faustregel, dass es selten zu guten Ergebnissen führt, wenn der Hauptdarsteller auch Regie führt. Hollywoodstar Bradley Cooper übernahm dieses Projekt, für das sich zuvor schon Martin Scorsese und Steven Spielberg interessiert haben, als Co-Produzenten sind auch diese Altmeister an Bord.
Das Ergebnis ist zum Fremdschämen: quälend lange 129 Minuten mäandert „Maestro“ unfokussiert durch das Privatleben des Star-Komponisten und Dirigenten. Seine Zerrissenheit zwischen häufigen Affären mit attraktiven, jungen Männern und der Ehe mit der chilenischen Schauspielerin Felicia Montealegre (Carey Mulligan), die ihm hilft, die Fassaden aufrechtzuerhalten, die ihm die konservative Sexualmoral der 1950er und 1960er abverlangte, wäre ein interessantes Sujet. Das ist aber alles so lieblos und sprunghaft erzählt, dass der dünne Plot in den dichten Qualm-Schwaden versinkt.
Als die Ehe scheitert und Felicia eine tödliche Krebsdiagnose bekommt, versucht sich „Maestro“ zu allem Überfluss auch noch an einer Tränendrüsen-Schmonzette.
Das Biopic „Maestro“ schaffte es vermutlich vor allem deshalb in den Venedig-Wettbewerb im September 2023, weil wegen des Drehbuch- und Schauspielerstreiks echte Qualität aus Hollywood Mangelware war. Schon kurz danach startete „Maestro“ am 7. Dezember 2023 in den Kinos und am 20. Dezember 2023 auf Netflix. Bei der Oscar-Verleihung ging es zurecht leer aus.
Bild: Jason McDonald/Netflix © 2023